Darknet ist der verborgene Teil des Internets und geniesst einen schlechten Ruf. Für Informatik-Experte Hernâni Marques ist jedoch klar, dass es jeder Internetnutzer kennen sollte. Und der Zugang dazu ist nur einen Klick entfernt.
Es ist der verborgene Teil des Internets – das Darknet. Ist es in den Medien, dann selten als positives Beispiel. Wer das Darknet betreten will, braucht ein Programm. Am einfachsten gehts mit dem sogenannten Tor-Browser. Darknet-Seiten tragen nicht die bekannten Endungen wie .ch oder .com, sondern sind über .onion (Englisch für Zwiebel) erreichbar. Eine viel besuchte Darknet-Seite wird von Facebook betrieben, damit die Social-Media-Plattform von Menschen genutzt werden kann, die in autoritären Staaten wie Iran oder Türkei mit Internetzensur leben.
Weil man im Darknet aber viel anonymer unterwegs ist als im öffentlichen Teil des Internets, nutzen es auch Kriminelle. So werden auf elektronischen Marktplätzen beispielsweise Drogen und Waffen angeboten, oder es wird Kinderpornografie ausgetauscht. Darum ermittelt unter anderem die Kantonspolizei Zürich oder das Bundesamt für Polizei im Darknet.
Im Darknet surfen ist legal
Trotzdem ist das Surfen im Darknet keineswegs illegal. Genutzt wird es beispielsweise von Journalisten, Bloggern, Aktivisten, die ihre Privatsphäre wahren müssen oder wollen. Es werden im Darknet ganz gewöhnliche Dienste wie Chats oder E-Mail angeboten.
Einer, der sich mit dem Darknet auskennt, ist Hernâni Marques. Der Informatik-Experte ist Pressesprecher beim Chaos Computer Club Schweiz. Das ist eine Hackerorganisation, die sich politisch gegen Überwachung und Zensur im Internet wehrt und in Zürich einen Treffpunkt hat. Marques plädiert für vollverschlüsselte Netzwerke, bei denen Computern untereinander so verbunden sind, dass eine Abhörung und damit Zensur stark erschwert wird – wie beim Darknet. Heute wickeln die grossen Internetkonzerne ihre Dienste über zentrale Server ab, jede Suchanfrage, jedes E-Mail wird potenziell gespeichert.
Den Begriff «Darknet» findet Marques nicht gelungen. «Er wird von Überwachungskreisen verbreitet, um es als etwas Schlechtes darzustellen», so der 34-Jährige, der Computerlinguistik an der Universität Zürich studiert hat. Finanziert wurde das Tor-Netzwerk stark von der US-Navy. Tor ist ein Teil des Darknet. Das US-Militär nutzt es auch heute. Denn wer im Internet surft, hinterlässt Spuren, die rückverfolgbar sind. «Das Schweizer Überwachungsgesetz erlaubt es den Behörden, die elektronische Kommunikation zentral zu sammeln.» Mit anderen Worten: Jede Kommunikation im Internet oder mit dem Mobiltelefon kann überwacht werden. «Der Staat darf hierzulande beispielsweise unsere Briefe nicht flächendeckend öffnen, die elektronische Kommunikation darf er jedoch kontrollieren», gibt Marques zu bedenken.
Überwachung ist Normalität
Der Chaos Computer Club Schweiz hatte sich erfolglos gegen das Überwachungs- (BÜPF) und das Nachrichtendienstgesetz (NDG) gewehrt. Noch in den 80er Jahren sei der Aufschrei gross gewesen, als der Bundesrat wissen wollte, wie die Bürgerinnen und Bürger ihren Weg zur Arbeit zurücklegen würden. «Heute ist es normal geworden, dass uns die Behörden überwachen können», bedauert der IT-Experte. Und das hauptsächlich, weil es technisch möglich sei. Dabei ist das in den Augen von Marques für die Behörden kontraproduktiv. «Je mehr Überwachung es gibt, je schneller entstehen alternative Netzwerke, die schwieriger zu überwachen sind.»
Wer deshalb seine Privatsphäre im Internet wahren möchte, kann den Tor-Browser verwenden. Dieser basiert auf Mozilla Firefox und leitet das Surfverhalten über drei zufällige Knotenpunkte des Tor-Netzwerks durch das Internet. Angeboten werden die Server von Freiwilligen, aber auch von Regierungen. Die Verbindung zwischen dem persönlichen Computer und den einzelnen Knotenpunkten irgendwo auf der Welt, also Stationen, ist mehrfach verschlüsselt. Damit wird Zensur und Überwachung umgangen. Die Nutzer können wie gewohnt im Internet surfen. Zudem schützen sie sich vor personalisierter Werbung. Gleichzeitig ist der Tor-Browser die einfachste Möglichkeit, die versteckten Seiten des Darknet aufzurufen oder Internetsperren zu umgehen. Der Browser ist mit wenigen Klicks installiert und für jeden benutzbar.
Marques empfiehlt aber auch etwas Grundsätzliches: «Datensparsamkeit ist wichtig.» Je weniger eine Person im Internet preisgebe, desto weniger Daten könnten in die falschen Hände geraten. (pw.)
So schützt man seine Privatsphäre
Der Chaos Computer Club Schweiz hat mit der Digitalen Gesellschaft Schweiz, der Stiftung für Konsumentenschutz und der «Wochenzeitung WOZ» die Broschüre «Eine kurze Anleitung zur digitalen Selbstverteidigung» herausgegeben. Der Ratgeber kann unter www.woz.ch/-7fb9 als PDF kostenlos heruntergeladen werden.
Datensparsamkeit: Weniger ist mehr. Daten, die nicht ins Netz gelangen, brauchen erst gar nicht geschützt zu werden.
Passwörter: Ein hinreichend sicheres Passwort sollte möglichst lang sein: Am besten bestehend aus einer zufälligen Folge von Wörtern, die man nirgends findet und sich gut merken kann.
Sicherheitsupdates: Betriebssysteme sollten stets auf dem aktuellsten Stand gehalten werden.
Surfen im Netz: Tor ist der sicherste Browser im Internet. Er basiert auf Mozilla Firefox und kann unter www.torproject.org heruntergeladen werden. Er ist für Windows, Mac und Linux verfügbar. Da die Verbindung zwischen Nutzer und aufgerufener Seite über drei zufällige Knotenpunkte (Server), quasi Stationen im Netz, hergestellt wird, lässt sich kaum zurückverfolgen, wer auf die Website zugreift. Wer sich dann allerdings bei Youtube, Facebook und Co. anmeldet, verliert diese Anonymität wieder.
Suchen: «Duck Duck Go» ist eine eigenständige amerikanische Suchmaschine, die das Suchverhalten nicht speichert. Finanziert wird der Dienst über Spenden und nichtpersonalisierte Werbung. (pw.)