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Bürger retten Erlenbachs Seele

Erstellt von Toni Spitale |
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Die Gemeindeversammlung folgte dem Antrag des Gemeinderatse sowie dem Wunsch der Vereine und sprach sich mit grosser Mehrheit für eine Teilsanierung

des Erlibacherhofs aus.

Die Gemeindeversammlung folgte dem Antrag des Gemeinderatse sowie dem Wunsch der Vereine und sprach sich mit grosser Mehrheit für eine Teilsanierung des Erlibacherhofs aus.

Am Schluss ging es ganz schnell: Sämtliche Änderungsanträge und der sogenannte Plan B des Gemeinderats, welcher einen Abriss der Erlibacherhofs vorsah, wurden mit überaus klarer Mehrheit verworfen. In der vorhergegangenen Debatte in der Sporthalle Allmendli, wo sich über 400 Stimmberechtigte zur Budget-Gemeindeversammlung einfanden, war der Trend noch nicht so eindeutig: Die Meinungen, was den weiteren Betrieb des gemeindeeigenen Landgasthofs mit Saal betrifft, gingen diametral auseinander. Dennoch überwog summa summarum die Anzahl der Voten, welche die vom Gemeinderat als Hauptvorlage beantragte Teilsanierung in der Höhe von 2,36 Millionen Franken favorisierten. Gemeindepräsident Sascha Patak betonte in seinen Ausführungen, dass es sich dabei um eine Investition ins Gemeindeleben handle. Uber 100 Mal pro Jahr seien der Saal und das Restaurant in der Vergangenheit für Anlässe gebucht worden. Alternativmöglichkeiten gebe es auf Gemeindegebiet nur sehr begrenzt. Unterstützung erhielt er von seinem Vorgänger Ferdy Arnold: Mit dem Abbruch des Erlibacherhofs würde die wichtigste Existenzgrundlage für die örtlichen Vereine entzogen. «Das, und dass Erlenbach auch zu einer Schlafgemeinde wird, können wir heute verhindern », appellierte Arnold an die Anwesenden. Weitere Votanten aus direkt betroffenen Vereinen bezeichneten den 56-jährigen Bau gar als eine «unbezahlbare Seele Erlenbachs». Chancenlos blieb der Änderungsantrag aus der Feder von Martin Wydler, welcher der Versammlung eine Umnutzung des stillgelegten Hoteltrakts zu einem Studentenwohnheim schmackhaft machen wollte. Immerhin 90 000 Franken Einnahmen im Jahr, so rechnete der Biobauer vor, hätten Mietzinseinnahmen in die Gemeindekasse gespült. Marc Flückiger, Präsident der CVP, sprach sich namens seiner Partei für einen Weiterbetrieb des Saals aus – jedoch ohne die geplanten Sanierungsmassnahmen. Verknüpft hatte die CVP ihren Antrag mit der Auflage, dass der Gemeinderat gleichzeitig verpflichtet werden sollte, unverzüglich ein Neubauprojekt auszuarbeiten. Auch dieser Vorschlag fiel bei den Stimmbürgern jedoch durch.
Weniger Grundsätzliches, vielmehr Detailfragen prägten die Diskussion beim Geschäft Neugestaltung der Schifflände in eine Tempo-20-Begegnungszone. Bleiben die Veloständer erhalten, warum werden die Toiletten im unter Schutz stehenden Schiffwartehaus nicht saniert, und braucht es überhaupt einzelne Fahrzeugabstellplätze, wenn doch gleich gegenüber der Seestrasse ein grosser Parkplatz besteht? Der Kredit von 2,216 Millionen Franken für die Bauausführung, einschliesslich Renaturalisierung des Dorfbachs, wurde schlussendlich mit grossem Mehr abgesegnet.
Keine Fragen gab es zu den Budgets der Gemeinsamen Sekundarschule Erlenbach-Herrliberg sowie der Politischen Gemeinde und der Bauabrechnung des Alterszentrums Gehren. Den Steuerfuss für 2019 fixierte die Gemeindeversammlung unverändert auf 79 Prozent.

Nie hängen gelassen
Im Anschluss an den offiziellen Teil würdigte Gemeindepräsident Patak das Schaffen des «Gemeindedieners» Hans Wyler, der zum letzten Mal an einer Gemeindeversammlung Protokoll führte und sich mit 61 Jahren nun vorzeitig pensionieren lässt. Er sei ein stiller Schaffer gewesen, ein ausserordentlicher Teamplayer, welcher im Job stets Vollgas gegeben und Verwaltung sowie Behörden immer wieder zu neuen Höhen geführt habe. Und: Man habe sich jederzeit auf ihn verlassen können. «Er hat uns nie hängengelassen.»
Der Geehrte liess seinen Emotionen freien Lauf. Er war zu Tränen gerührt, als er seiner vollzählig anwesenden Familie dafür dankte, dass sie in den vergangenen 30 Jahren Verständnis dafür zeigten, wenn er nicht immer zu Hause sein konnte. «Erlenbach first», habe sein Motto geheissen, sagte Wyler, der seinen Beruf als Gemeindeschreiber über all die Jahre als Berufung sah: «Ich war Berater, Brückenbauer, Schlichter, Zuhörer und noch vieles mehr. Ich hatte den interessantesten und abwechslungsreichsten Job, den es überhaupt gibt.» Das Schreiben sei seine grösste Leidenschaft gewesen. Eigenen Berechnungen zufolge habe er von den insgesamt 637 Gemeinderatssitzungen und 68 Gemeindeversammlung über 16 000 A4-Seiten Protokoll verfasst. Ferner habe er die Ehre gehabt, mit 30 Gemeinderatsmitgliedern und vier Gemeindepräsidenten zusammenzuarbeiten. Tempi passati. Ab dem neuen Jahr laute sein neues Motto «Wyler first». )