Galerien haben wieder geöffnet, doch viele Besucher kommen nicht. Wer riskiert für Kunst denn schon seine Gesundheit? Dabei sind diese Orte gut vorbereitet, und es ist unbestritten: Kunst tut einfach auch gut.
Es ist Anfang Juni, der Lockdown wegen Corona ist gelockert. Galerien können bereits seit Mitte Mai wieder Besucher empfangen. Doch viele kommen nicht. Vielleicht noch nicht. «Insgesamt waren es seither vielleicht fünf», berichtet Silvia Mende, die zusammen mit drei weiteren Künstlern ihre Bilder in der Pop-up-Galerie in Erlenbach ausstellt. «Ich sitze oft alleine hier, und denke mir: Warum denn? Kunst tut doch gerade in dieser Zeit uns allen auch gut!
Tatsächlich, ein Rundgang in der Galerie tut gerade das: gut. Da hängen zum Beispiel die Bilder der Zürcher Künstlerin Ladina Durisch, die sich bei den Motiven ganz auf ihre Heimatstadt konzentriert. Hier die Frauenbadi, da die Quaibrücke, beides in Ölfarben, oft auch in wuchtigen Übergrossen von 2,20 auf 1,80 Metern. «Seit ich sechs bin, male ich», sagt sie. Seit der Eröffnung der Ausstellung Ende Februar habe sie «sehr gut verkauft», dann kam der Lockdown. Eine Zwangspause, in die auch ihr Mitaussteller, der gebürtige Ungar Josef Andraska, geworfen wurde. Er verflüssigt in seiner Kunst Glas, mittels einer uralten Technik giesst er dieses in Gips und schafft Glasobjekte wie Schalen. «70 Prozent ist Wille, 30 Prozent Zufall», nennt er den Werkprozess. In seinem Atelier in Uetikon am See hat er sich während des Lockdowns anderen Tätigkeiten gewidmet: «Ich habe das Zeichnen entdeckt», sagt er. «Ich bin kreativer geworden, habe mich den Karikaturen gewidmet.»
Für das Nötigste aus dem Haus
Auch die Porzellankünstlerin Birgit Kraus, die Vierte im Bunde der Ausstellerin der Erlenbacher Pop-up-Galerie, sagt, sie habe in der Zwangspause weitergearbeitet wie vorher. «Ich war in meiner Werkstatt.» Und doch ist sie traurig, dass seit der Wiedereröffnung so wenig los ist. «Die Leute haben verinnerlicht, dass sie nicht mehr rausgehen.» Und dies nur getrieben vom Sicherheitsgedanken für das Nötigste.
Mende widmet sich in ihren Bildern den Tieren und Blumen. Ich reduziere auf das Wesentliche und versuche, so die Essenz des Gegenstandes herauszukitzeln.» Frech prangt da ein Papagei, abgeschnitten am Hals, und auf der linken Seite gibt es ganz viel Leerraum: «Besucher sagten schon, ich bezahle doch nicht für nichts Geld», schmunzelt sie. Aber genau dies sei ihre Absicht: «In der heutigen Reizüberflutung nur das Nötigste zeigen.» Und auch ein wenig frech zu sein. Meist zeichnet sie lokale Tiere – Schafe, Hühner, Feldhase – doch nebst dem Papagei gibt es da auch einen afrikanischen Elefanten. Und alles in starken, fröhlichen Farben.
Vor dem Lockdown hat Mende gut verkauft. Dann – während der Schliessung – bekam sie einen Anruf von einer Ärztin aus einem Zürcher Stadtspital. «Diese fragte mich, ob sie bei mir vorbei kommen könne.» Denn, erzählte die Ärztin weiter, sie habe in den Corona-Wochen so viel Leid gesehen. «Sie kaufte dann ein Möwe von mir, ein Hoffnungszeichen.» Corona habe sie, Mende persönlich, demütig gemacht. Eine Velotour, ein Schwumm im See oder dass man sich etwas für Auge und Sinne gönnt – eben mit Kunst. «Das tut jetzt einfach gut.» Die Ausstellung läuft noch bis Ende Juni.
Erfolg mit Skype-Malen
Gleich ein paar Häuser weiter: Die Python-Gallery von Nicole Python. Auch sie hat ihre Ausstellung «Blooming Lights» wieder eröffnet. «Die Vernissage fiel auf den 15. März», erzählt sie, gleich danach mussten wir schliessen. Es laufe jetzt «verhalten»; viel Besucher kämen nicht. «Wir bieten jetzt Privatführungen an, vielleicht kurbelt das die Besucherzahl wieder etwas an.»
Eine interessante Idee hatte allerdings eine der vier Künstlerinnen der «Blooming Lights»-Ausstellung, Andrea Muheim. Sie bot Portraitmalen via Skype an. Innert einer Stunde malte sie Interessierte für 350 Franken, ein «Zeitzeugnis» sozusagen dann zu Corona-Zeiten für die eigenen Wände. «Normalerweise braucht die Künstlerin dreimal so lang für ein Porträt, aber die Rückmeldungen waren sehr gut, die Künstlerin mit annähernd 100 Anfragen eingedeckt, und das noch bis weit in die nächsten Wochen hinein», so die Galeristin.
Mit der Wiedereröffnung der Ausstellung bis 26. Juni plant Python eine zweite Vernissage. Geplant ist sie auf Donnerstag, 18. Juni, ab 18.30 bis 21 Uhr. «Selbstverständlich werden wir das Schutzkonzept einhalten und nur eine geringe Zahl an Leuten gleichzeitig in die Galerie lassen. «Kunst löst etwas aus», sagt Python, und auch sie ist überzeugt, dass ihre «diesmal besonders farbige Ausstellung» den Leuten guttun wird.
In Küsnacht ist indes die gemeindeeigene Galerie im Höchhuus noch geschlossen. Laut Arian Zeller von der Betreiberin «Kulturelle Vereinigung Küsnacht» sind alle Ausstellungen auf das Jahr 2021 verschoben. «Eventuell gibt es eine Ausstellung im Herbst, Winter», räumt Zeller weiter ein. (Manuela Moser)