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Die längsten 24 Stunden unseres Lebens

Erstellt von Kian Matter, Louis Stevens |
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An einem Samstag Anfang September ging es für eine Gruppe von Fünftklässlerinnen und -klässlern der Kantonsschule Küsnacht auf die «KreaTour». Während unseres Vorhabens, in 24 Stunden am Stück ohne Motor so weit wie möglich zu kommen, mussten wir gegen Wetter, Müdigkeit und zum Teil steile Anstiege ankämpfen.

Die «KreaTour» war ein Projekt im Rahmen eines Wahlkurses, das wir bereits Monate vorher zu planen begannen. Um einen möglichst realistischen Zeitplan zu entwerfen, mussten wir einerseits die Höhenprofile und Distanzen der jeweiligen Etappen in Betracht ziehen, andererseits miteinberechnen, dass die körperliche Leistungsfähigkeit während der Tour abnehmen wird. Und wie ernährt man sich effizient für eine solch körperliche und mentale Dauerbelastung? In kleinen Gruppen waren wir verantwortlich, für die jeweils kurzen Pausen energiereiche, aber leicht verdauliche Verpflegung zuzubereiten.

Ausgerüstet mit Fahrrad, Inlineskates und Wanderschuhen besammelten wir uns am Samstagnachmittag vor unserem Schulhaus in Küsnacht. Motiviert, zuversichtlich, vielleicht auch leicht naiv, machten wir uns auf den Weg nach Scuol, unserem Ziel im Engadin. Nach den ersten zwei Veloetappen und einer wunderschönen Inlineskate-Strecke in den Sonnenuntergang waren alle gut gelaunt und Energiereserven noch vorhanden. Andererseits schlichen sich erstmals Zweifel ein, ob die Reserven noch weitere 18 Stunden reichen würden. Mit Einbruch der Nacht breitete sich Müdigkeit in uns aus und starker Gegenwind blies uns die gute Laune aus dem Gesicht.

Müdigkeit wird grösser

Nicht einfacher wurde es, als wir den Anstieg im Prättigau bezwingen mussten. Durch Frage-Antwort-Spiele versuchten wir, uns über längere Zeit wach zu behalten. Doch irgendwann war die Müdigkeit so gross, dass uns sogar das Sprechen zu schwer fiel. Gegen 5 Uhr morgens war der Tiefpunkt erreicht. Uns plagten Krämpfe, Sekundenschlaf und Erschöpfung. Es kamen uns ernsthafte Zweifel, ob wir es schaffen würden, denn es war ja erst gerade Halbzeit! Ein aufmunternder Anblick bot sich uns erst, als unsere Begleitfahrer beim Etappenziel in Klosters ein kleines Frühstück vorbereitet hatten.

Nach einer kurzen Pause wanderten wir nach Davos in den Sonnenaufgang hinein, der uns wieder mit Energie versorgte, die wir für den Aufstieg zum Flüelapass benötigten.

Gummibärchen zur Motivation

Auf dem ersten Abschnitt kamen wir mit dem Fahrrad relativ reibungslos voran, auch dank unseren Begleitfahrern, die uns am Strassenrand Gummibärchen verteilten und uns motivierten. Nach dem Wechsel von der Asphaltstrasse auf die schmalen Wanderwege überraschte uns ein eisiger Regen. Bald merkten wir, dass Kälte und Müdigkeit keine gute Kombination sind, und wir kamen zitternd und schlafwandelnd auf der Passhöhe an. Aus Sicherheitsbedenken wegen der nassen Strassen überlegten wir uns, den Bus hinunter zu nehmen, doch der Gedanke an den sich abzeichnenden Erfolg und eine baldige warme Dusche hielten uns davon ab, kurz vor dem Ziel aufzugeben.

Nach den längsten 24 Stunden unseres Lebens erreichten wir endlich unser Ziel Scuol  und schliefen noch vor dem Abendessen ein.