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Doppelangriff auf die Gemeindeordnung

Erstellt von Manuela Moser |
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Der Küsnachter Abstimmungskampf ist lanciert, die Flyer der Initianten Rinderknecht/Häfeli sind seit dieser Woche unter den Leuten. Die Alters- und die Finanzinitiative kommen am 7. März an die Urne. Der Gemeinderat hat sich lange dagegen gewehrt und musste bis vors Verwaltungsgericht.

Die Alters- und die Finanzinitiative sollten zusammen zur Abstimmung kommen. So der Wunsch der beiden Einzelinitianten. Doch das hat eine Weile
gedauert: Vor fast zwei Jahren reichte Beatrice Rinderknecht (parteilos) ihre Altersinitiative ein, genauer am 25. April 2019. Zwei Monate später folgte die Finanz­initiative von SP-Präsident Ueli Häfeli. Beide wurden verzögert – der Gemeinderat wehrte sich dagegen. Die Initiative von Rinderknecht ging bis vors Verwaltungsgericht.

Nun dürfen die Küsnachter am 7. März selber entscheiden. In diesen Tagen erhielten alle Haushalte die jeweiligen Flyer. Sie haben beide eine ganz klare Botschaft: «Mitreden, bevor das Tafelsilber verscherbelt wird», so heisst es auf dem Flyer der Finanzinitiative. «Auch im Alter in Küsnacht bleiben können», so heisst es auf dem Flyer der Altersinitiative.

Argumente dafür und dagegen

Im offiziellen Weisungsbüchlein, das nun auch aufgeschaltet ist, kritisiert der Küsnachter Gemeinderat die Altersinitiative von Beatrice Rinderknecht als «zu radikal» und «zu offen formuliert». Will heissen: Die Gemeinde werde bei ihren Altersangeboten zu sehr eingeschränkt, und wegen der offenen Formulierungen gäbe es zu viele Unklarheiten bei der konkreten Umsetzung. Ein nächstes Argument dagegen: Die Gemeinde treibe mit ihrem aktuellen Projekt «Integrierte Altersversorgung», das sie erst gerade vorgestellt hat, die Stärkung der eigenen Angebote und Zentren voran. So auch das Wohnen im tiefen und mittleren Segment.

«Mir geht es ja nicht nur um das Wohnen im tiefen und mittleren Segment»,  sagt Rinderknecht auf Anfrage. «Meine Initiative dient allen Einkommensschichten, also allen alten Menschen in Küsnacht. Sie schliesst die Reicheren nicht aus.» Ihre Forderung sei auch nicht zu «radikal»: Sie will im Kern, dass die Gemeinde alle bestehenden und künftigen Institutionen in ihrem Eigentum behält und sie gemeinnützig betreibt oder betreiben lässt – so wie es heute bereits gehandhabt wird. «Wäre das radikal», findet Rinderknecht, die damals das Küsnachter Familienzentrum mitbegründet hatte, «dann wäre ja radikal, was bereits heute gilt.»

Die Parteilose, die der Vereinigung Rotgrünplus nahesteht, will mit ihrer Initiative auch nicht nur darauf abzielen, dass das ehemalige Pflegeheim am See in der Hand der Gemeinde bleibt – heute wird es untervermietet. «Gerade dieses eine von insgesamt drei Arealen, die heute Küsnacht gehören, soll nicht verkauft oder im Baurecht abgegeben werden. Endlich sollen die bereits 2005 dort vorgesehenen Alterswohnungen gebaut werden.» Es sei ein «Filetstück», das allen gehöre. Rinderknecht stört sich daran, dass der Gemeinderat heute schon nur noch von zwei Arealen spricht.  «Er hat es bereits abgeschrieben und beschlossen, dort eine Luxusresidenz errichten zu lassen.»

Die Initiative steht für Rinderknecht auch nicht im Konflikt mit dem neuen Projekt der Gemeinde, der «integrierten Altersversorgung». «Bei meiner Initiative geht es um Eigentum und gemeinnützigen Betrieb, beim Projekt der Gemeinde um eine Koordination aller Akteure im Altersbereich.» Und schliesslich habe ihr das Verwaltungsgericht Recht gegeben, dass ihre Initiative nicht zu offen formuliert sei. «Im Weisungsbüchlein stehen meiner Meinung nach diesbezüglich einige irreführende Bemerkungen.»

Zurück auf 2 Millionen Franken

Auch die Initiative von Ueli Häfeli zielt auf eine Änderung der Gemeindeordnung. Deshalb kommt das Geschäft an die Urne. Hier soll der Gemeinderat rückgängig machen, was ihm die Gemeindeversammlung vor etwas mehr als drei Jahren erst gerade zugesprochen hat: seine Finanzkompetenzen beim Verkauf von gemeindeeigenen Grundstücken von 5 wieder auf 2 Millionen Franken zurücksetzen. Der Gemeinderat argumentiert mit dem Immobilienmarkt, der ein rasches Handeln verlange. Auch seien Objekte in Küsnacht kaum mehr unter einem Wert von 2 Millionen Franken zu haben. Nicht betroffen von der Initiative ist der Erwerb von Grundstücken, hier soll weiterhin die Limite von 10 Millionen Franken gelten.

«Im Abstimmungsbüchlein steht, dass sich die Regelung mit der höheren Verkaufskompetenz für die Gemeinde bewährt hat», sagt Häfeli, «aber das stimmt nicht.» Er beobachte beispielsweise die Verhandlungen mit dem Coop in Itsch­nach, der dort einen neuen Laden mit Wohnungen bauen will. «Der von Coop verlangte Baurechtszins ist aber so hoch, dass dort nur teurere Wohnungen entstehen können.»   

Dieses Beispiel zeigt Häfeli, dass sich die Gemeinde nicht um günstigen Wohnraum bemüht. Auch findet er, die Gemeinde müsse vermehrt Grundstücke oder Immobilien kaufen. «Nur so kann der Anteil an gemeinnützigem Wohnraum erhöht werden.» Auf dem Immobilienmarkt müsse der Gemeinderat «vorausschauend» handeln, nicht rasch und kurz, wie das im Weisungsbüchlein steht. Zwar habe die Gemeindeversammlung die Verkaufslimite erst gerade erhöht. «Aber damals ging das Geschäft komplett unter im Haupttraktandum der Fusion von Schule und politischer Gemeinde.» Die Küsnachter hätten nun die Gelegenheit, dieses Geschäft nochmals separat anzuschauen. Und last, but not least hätten alle Nachbargemeinden an der Goldküste auch keine annähernd so hohe Limite wie Küsnacht.

Die Rechnungsprüfungskommission spricht sich gegen beide Vorlagen aus.