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«Dorfpost» wird eingestellt

Erstellt von Tobias Stepinski |
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Nach Jahrzehnten wird die Küsnachter Gewerbezeitung «Dorfpost» eingestellt. Im Juni dieses Jahres erscheint die letzte Ausgabe. Die Gründe: hohe Kosten, schwindende Inserate und veränderte Kommunikationsgewohnheiten.

In einer schriftlichen Abstimmung unter den anwesenden Mitgliedern der Generalversammlung stimmten 33 für die Einstellung der «Dorfpost», 17 für deren Weiterführung, 19 enthielten sich. Damit steht fest: Im Juni 2025 erscheint die letzte Ausgabe der Gewerbezeitung, die seit Jahren monatlich in die Briefkästen der Gemeinde flatterte.

GVK-Präsident Philipp Bretscher spricht von einem schweren, aber notwendigen Schritt: «Die ‹Dorfpost› hat ­unser Jahresbudget weitgehend beansprucht. Zwischen 25  000 und 30 000 Franken Defizit mussten wir jährlich decken.» Auch inhaltlich sei das Format an seine Grenzen gestossen: «Wir berichteten oft über Ereignisse, die bereits anderweitig publiziert waren. Für tagesaktuelle Berichterstattung war das Monatsformat zu langsam», erklärt Bretscher.

Kein überraschendes Ende

Die «Dorfpost» wurde 1978 gegründet und diente seither als Sprachrohr des lokalen Gewerbes, der Vereine und der Gemeinde Küsnacht. Ursprünglich erschien sie alle zwei Wochen, später monatlich. Mit einer Auflage von über 7500 Exemplaren wurde sie kostenlos an alle Haushalte und Postfächer in Küsnacht verteilt.

Dass die Zeitung eingestellt wird, überrascht Regula Wegmann nicht. Seit elf Jahren war sie Redaktionsleiterin der «Dorfpost», zuletzt aus der Ferne, da sie nach ihrem Umzug nach Obwalden nur noch selten in Küsnacht unterwegs war. Sie habe schon länger geahnt, dass das Ende bevorstehen könnte. Bereits im Oktober des vergangenen Jahres hatte sie in einem Artikel mit dem Titel «Hat die ‹Dorfpost› ausgedient?» ein mögliches Aus thematisiert. In der Folge habe sie zahlreiche Rückmeldungen erhalten – darunter auch rührende handgeschriebene Briefe. «Eine ältere Dame hat mir geschrieben, dass sie nicht mehr allein ins Dorf könne – und dass ihr die ‹Dorfpost› das Dorf ins Haus gebracht habe», erzählt Wegmann.

Dennoch zeigt sie sich dankbar für die Chance: «Ich durfte spannende Menschen porträtieren, auf Baustellen Rivella trinken und an Vernissagen berichten. Für mich war die Dorfpost ein Geschenk – und der Start in meine Selbstständigkeit.»

Schwarze Zahlen in Herrliberg

In Herrliberg schreibt die Gewerbezeitung «Grüezi Herrliberg» nach eigenen Angaben weiterhin schwarze Zahlen. «Wir sind auf der sicheren Seite», sagt Philippe G. Chevroulet, der langjährige Redaktor. Grund dafür seien die treuen Inserenten in Herrliberg – und zwar seit vielen Jahren, so Chevroulet. Von der Einstellung der «Dorfpost» profitiere man allerdings nicht, da die Zeitung ausschliesslich in den eigenen Gemeinden erscheine. Eine Veränderung steht aber auch hier bevor: Chevroulet gibt sein Amt Ende Jahr ab und ist zuversichtlich, dass eine Nachfolge bereitsteht.

GVK-Präsident Bretscher betont, dass sich der Vorstand die Entscheidung nicht leicht gemacht habe: «Wir haben jahrelang auf die finanzielle Lage hingewiesen, aber das Echo kam meist erst spät – oft von Personen, die selbst nicht inserierten.» Auch eine Online-Version wurde geprüft, jedoch als nicht tragfähig verworfen.

Der Gewerbeverein Küsnacht will künftig auf andere Kommunikationskanäle setzen. Der Instagram-Kanal «welovekuesnacht» wurde in den letzten Jahren aufgebaut. Gespräche über alternative Formate laufen. Ob es künftig ein Jahresheft, ein Online-Format oder punktuelle Aktionen gibt, ist noch offen. Bretscher: «Wir wollen weiterhin ein Sprachrohr für das Gewerbe sein – nur eben in anderer Form.»