Im Albisgüetli prallten die Meinungen von Alt-Bundesrat Christoph Blocher (SVP) und Neu-Aussenminister Ignazio Cassis (FDP) aufeinander.
Ein Staatsstreich sei geschehen in Bern und in Lausanne und drohe überall, wo nicht die SVP die Mehrheit habe, fasste Alt-Bundesrat Christoph Blocher die Lage der Schweiz am vergangenen Freitag im Albisgüetli zusammen. Bundesrat, Bundesversammlung und Bundesgericht hätten den Bürger entmachtet und seien bereit, sich dem Diktat der Europäischen Union zu unterwerfen.
Diesem Staatsstreich müsse die SVP entschlossen entgegentreten, in geordneten Bahnen: «Ich halte Revolutionäres nicht für den richtigen Weg», sagte Blocher in seiner gut einstündigen Rede vor 1200 geladenen Gästen. Er blickte anlässlich der 30. Albisgüetlitagung der SVP des Kantons Zürich mehrfach zurück in die Vergangenheit. Mal kürzer – auf den erfolgreichen Kampf der SVP 1992 gegen den Beitritt zum EWR, mal länger – als er den Zürcher Dichter Gottfried Keller zitierte. Dieser habe die Schweizerinnen und Schweizer schon 1846 gewarnt, dass fremde Mächte ihnen die hart errungene Freiheit wieder wegnehmen wollten, sagte Blocher.
«Nicht unsere Verfassung, nicht unser Staatssystem ist mangelhaft, es sind die Politiker in Bundesbern», schwor er seine Partei auf den nationalen Wahlkampf 2019 ein, auf die Abstimmung über die «Selbstbestimmungsinitiative» und eben lancierte «Begrenzungsinitiative». Der Augiasstall in Bern müsse ausgemistet werden, forderte Blocher. Eine Aufgabe, die im alten Griechenland nur Herkules zu lösen vermochte.
Die 60 Rappen vom Zweifränkler
Während Blochers Rede den Charakter einer Geschichtslektion hatte, hielt sich der Gast, Bundesrat Ignazio Cassis, an die Gegenwart. Es gebe keinen Zwang, einem Deal mit der EU zuzustimmen über den Marktzugang oder ein gemeinsames Schiedsgericht. «Wir sind frei, das Resultat einer Verhandlung zu akzeptieren oder nicht», sagte der Aussenminister und erntete mit dieser Aussage einigen Applaus. Aber, fügte Cassis an: «Alles hat seinen Preis.» 60 Rappen jedes Zweifränklers verdiene die Schweiz in der EU. Ohne Zugang zu diesen Märkten werde der «Zweiliber» empfindlich kleiner werden.
Er stehe dazu, als Bundesratskandidat einen «Reset» für die Verhandlungen mit der EU angekündigt zu haben, sagte Cassis. Doch: «Ein Reset ist kein Shutdown.» Wer am Computer die Reset-Taste drücke, stelle diesen nicht für immer ab, sondern starte ihn bloss neu.
Gesucht sei nach wie vor eine mehrheitsfähige Lösung für das Problem, dass weder die Schweiz in ihrem Territorium Richter aus der EU akzeptieren wolle noch die EU in ihrem Binnenmarkt Richter aus der Schweiz. «Dafür muss es einen Mittelweg geben, der uns die grösstmögliche Freiheit und den grösstmöglichen Wohlstand sichert.» (dh)