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Eine Schlichtungsstelle für Küsnacht

Erstellt von Manuela Moser |
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Am 15. Mai werden nicht nur die Behörden neu gewählt in Küsnacht, sondern es kommt auch zur Abstimmung über die Einzelinitiative von Hans-Peter Amrein (SVP) zur Schaffung einer Ombudsstelle. Einige Ortsparteien stellen sich nun nach und nach hinter die Idee, der Gemeinderat lehnt sie ab.

Die Grünen, die GLP, die SVP und die EVP haben sich in diesen Tagen positioniert: Sie alle befürworten die Schaffung einer Ombudsstelle, heisst einer neutralen Schlichtungsstelle, kommt es denn zu Streitigkeiten zwischen Bürgern und der Gemeinde. «Bei Konflikten kann die kantonale Ombudsstelle als unabhängige und neutrale Instanz wertvolle Unterstützung leisten», schreibt auch Hans-­Peter Amrein, Präsident der SVP und Initiant des Vorstosses. Und weiter: «An diese Anlaufstelle können sich alle Einwohner wenden, wenn sie ein Problem mit einer Gemeindestelle haben und sich missverstanden oder ungerecht behandelt fühlen.» Die Einzelinitiative kommt nun am 15. Mai zur Abstimmung.

Gemeinderat ist dagegen

Der Gemeinderat lehnt den Vorstoss allerdings ab mit der Begründung, dass die Einsetzung der Ombudsstelle des Kantons Zürich auf Gemeindeebene nicht «zielführend» sei. «Er ist der Meinung», sagt Gemeindeschreiberin Catrina Erb Pola auf Anfrage, «dass bürgerfreundliches, vermittelndes Verhalten die Grundaufgabe aller Behörden und Verwaltungsstellen ist.» Diese Aufgabe könne und sollte nicht an eine auf kantonaler Ebene tätige Ombudsstelle delegiert werden. Sie weist darauf hin, dass auf Gemeindeebene bei Problemen immer die Möglichkeit bestehe, mit den Verantwortlichen das Gespräch zu suchen. «Diese Möglichkeit wird heute rege und mit gutem Erfolg in Küsnacht wahrgenommen.» 

Zudem gibt der Gemeinderat zu bedenken, dass – weil das Ombudsverfahren nichts kostet – es dazu verleiten könnte, hauptsächlich «aussichtslose, bereits entschiedene oder politisch missliebige Fälle» bei der Ombudsstelle anzubringen. «Die Bearbeitung dieser Fälle führt bei den betroffenen Behörden und Verwaltungsstellen zu Mehraufwand und zu Mehrkosten, welche von den Steuerzahlenden zu finanzieren sind», so Erb Pola weiter. Tatsächlich hat im Bezirk Meilen einzig Hombrechtikon den kantonalen Ombudsmann für Gemeindeangelegenheiten zuständig erklärt, Zumikon hat die Vereinbarung 2016 wieder gekündigt.

Einige sehen es anders

Die Befürworter sehen dies anders. So schreibt beispielsweise die GLP, dass eine unabhängige, neutrale und allparteiliche Ombudsstelle wertvolle Unterstützung bei der Klärung von Konflikten leiste und eine kostengünstige Möglichkeit sei, Spannungen zwischen Bürgern und Behörden zu schlichten und Verständnis zu schaffen – beiderseits. Im ganzen Kanton Zürich sind es denn zur Zeit auch 19 andere Gemeinden, die die kantonale Ombudsstelle in Anspruch nehmen. 

Noch deutlicher wird die SVP und verweist auf die wiederholten Vorfälle in der Gemeinde, bei denen es in den vergangenen zwei bis drei Jahren zu Entscheiden seitens der Gemeindeverwaltung oder des Gemeinderates gekommen sei, die für die angesprochenen Personen nicht nachvollziehbar waren oder zu keinem Einverständnis geführt hätten. Die Kosten beziffert die SVP für Küsnacht mit 6000 Franken pro Jahr oder etwa 40 Rappen pro Einwohner, was im Vergleich zu einer gemeindeeigenen Institution – also einer Ombudsstelle in Küsnacht – sehr günstig sei.

Ombudsstelle seit 50 Jahren

Die älteste Ombudsstelle im Kanton ist die der Stadt Zürich. Sie hat vor 50 Jahren überhaupt schweizweit als erste Gemeinde eine Ombudsstelle eingerichtet. Geistiger Vater der Ombudsidee ist ein Goldküstler: der in Meilen wohnhafte Walter Haller, emeritierter Professor für Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht und Verfassungsvergleichung. Er war es, der Anfang der 1960er-Jahre nach Schweden reiste, um dort die Institution des Justitieombudsman zu studieren und darüber 1964 an der Universität Zürich seine Dissertation zu schreiben. Im Verlauf der letzten rund 100 Jahre wurden Ombudsstellen rund um die Welt – auf internationaler, nationaler, kantonaler und auch kommunaler Ebene – geschaffen. «Auf allen staatlichen Ebenen haben Bürgerinnen und Bürger – als Menschen – das Bedürfnis, gerade auch von Behörden und staatlichen Stellen gehört und verstanden zu werden», sagt der kantonale Ombudsmann Jürg Trachsel auf Anfrage. Insbesondere auf Gemeindeebene erlebten die Menschen die öffentliche Hand am unmittelbarsten, etwa im Bauwesen, bei der Polizei oder der Bildung. «Durch ihre Arbeit fördern die niederschwellig ansprechbaren Ombudsstellen die soziale Befriedung.» Dazu gehöre beispielsweise auch, schwierige Behördensprache zu übersetzen oder einfach auch nur dem verärgerten Bürger zuzuhören, sodass dieser seine «Last ab­legen» könne.

Eine gemeindeeigene Ombudsstelle haben nebst der Stadt Zürich bisher erst die Stadt Winterthur und Wallisellen. Die andern Gemeinden haben sich der Ombuds­stelle im Kanton angeschlossen, so wie es für Küsnacht laut Initiative vorgesehen ist. Und last, but not least: Wie oft wurde denn ein Konflikt erfolgreich geschlichtet? Ombudsmann Trachsel: «Die Frage nach einer erfolgreichen Schlichtung eines Konflikts kann nicht allgemein beantwortet werden. Viele Beschwerdeführende wünschen gar keine explizite Vermittlung mit den Behörden, sondern suchen Gehör.» Oftmals reiche dies bereits, um mit einer Angelegenheit abschliessen zu können.