Abo bestellen

Eine Schützerin historischer Schätze

Erstellt von Dennis Baumann |
Zurück

Seit 20 Jahren rettet die Stiftung «Ferien im Baudenkmal» historische Gebäude in der Schweiz. Die Küsnachterin Christine Matthey verbindetals Geschäftsleiterin der Stiftung ihre Leidenschaft für Geschichte mit dem Erhalt geschichtsträchtiger Häuser.

 

Wenn Christine Matthey ein Baudenkmal in Küsnacht zum Ferienobjekt machen dürfte, wäre ihre Wahl eindeutig: «Gegenüber dem Tobelweg steht das Haus im Felsenegg mit einem Garten, das Richtung Tobel schaut», beschreibt sie begeistert. Auf ihren Spaziergängen läuft sie oft daran vorbei. Die Lage sei perfekt – «ein bisschen ausserhalb des Dorfes, aber trotzdem zentral, die perfekte Mischung zwischen Geschichte und Natur».

Christine Matthey ist Geschäftsleiterin der Stiftung «Ferien im Baudenkmal», die dieses Jahr ihr 20‑jähriges Bestehen feiert. Die vom Schweizer Heimatschutz gegründete Stiftung rettet historische Gebäude, indem sie diese renoviert und als Ferienunterkünfte vermietet. Die Stiftung lebt von Spenden und der Vermietung ihrer rund 60 Häuser, wovon 12 der Stiftung selbst gehören.

Wenn Steine Geschichten erzählen

Die Leidenschaft für historische Gebäude prägte die gebürtige Westschweizerin schon früh – mit etwa 12 Jahren bei einem Urlaub in Berlin. «Wir nennen das auf Französisch ‹palimpseste›, wenn eine Stadt über verschiedene Schichten verfügt», erklärt Matthey. In Berlin war sie beeindruckt von der Vielfalt der verschiedenen historischen Epochen, die an einem Ort vereint sind. Von der Bauweise der Kaiserzeit über die Bombenlöcher bis zum Kalten Krieg sind sie bis heute erkennbar.

Was Matthey an alter Bausubstanz fasziniert, ist der Dreiklang von Konstruktion, Ästhetik und Nutzung: «Die Baukultur ist Zeugnis nicht nur der lokalen Kunstfertigkeiten, sondern auch des täglichen Lebens.» Baudenkmäler schaffen für die 44‑Jährige eine besondere Atmosphäre: «Wenn man so ein Haus betritt, fühlt sich das einfach speziell an.»

Diese Leidenschaft verfolgte sie weiter in ihrem Geschichts- und Kunstgeschichtsstudium. Beruflich war sie später bei der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia tätig, wo sie unter anderem ein Förderprogramm für Videospiele koordinierte. Anschliessend leitete sie sieben Jahre lang das Forum Helveticum, einen Verein für die sprachkulturelle Verständigung in der Schweiz.

«Prosecco für die Seele»

Nach Küsnacht kam Matthey 2018, nachdem sie bereits mehrere Jahre im Raum Zürich gelebt hatte. Was sie und ihre Familie in Küsnacht hält, ist die Kombination aus Natur und Stadt: «Wir wohnen ganz in der Nähe des Küsnachter Horns und sind gleichzeitig rasch in Zürich. Die Lage ist für unsere Bedürfnisse einfach unschlagbar.» Zur Stiftung «Ferien im Baudenkmal» kam Matthey über den Schweizer Heimatschutz. Im Rahmen der «Langen Nacht der Zürcher Museen» besuchte sie den Hauptsitz, die Villa Patumbah im Kreis 8, und war beeindruckt: «Es war wie Prosecco für die Seele. Ich dachte sofort, wie schön es wäre, irgendwann mehr mit Baukultur zu tun zu haben.»

Daraufhin wurde sie Vorstandsmitglied des Schweizer Heimatschutzes und erfuhr dort später, dass die Position der Geschäftsleitung der Stiftung «Ferien im Baudenkmal» frei wurde. 2022 bewarb sie sich und erhielt die Stelle: «Es fühlt sich bis heute surreal an, mein Büro an so einem besonderen Ort zu haben.»

Ihr Arbeitsalltag als Geschäftsleiterin ist vielfältig. Neben den pragmatischen Tätigkeiten rund um Management geht es auch um Ästhetik: Die Auswahl der Baudenkmäler und die Bauarbeiten begleitet Matthey mit ihrem Team. «Es ist jedes Mal wieder ein Erlebnis, die Häuser zu besichtigen», so die Geschäftsleiterin.

Zwischen Erhalt und Erlebnis

Denkmalschutz ist Matthey ein wichtiges Anliegen: «Häuser prägen die Kulturlandschaft und die Identität eines Ortes.» Wenn das Ortsbild sich stark verändere, gehe ein Stück Heimat verloren.

Die Balance zwischen Denkmalschutz und Tourismus ist für Matthey kein Widerspruch – im Gegenteil: «Wir kommen ganz klar aus dem Bereich der Denkmalpflege. Unsere Arbeit trifft aber im Tourismus auf grosse Resonanz.»

Das Ferienhaus-Modell funktioniere, weil viele historische Gebäude für dauerhafte Bewohner nicht mehr geeignet wären – sei es wegen niedriger Decken, einer ungewöhnlichen Raumaufteilung oder steiler Treppen. «Aber für Ferien sind diese Aspekte wieder spannend», erklärt Matthey.

Besonders freut Matthey, dass durch die Nutzung der Häuser auch deren Erhalt gefördert wird: «Die Häuser werden wiederbelebt, indem Menschen dort ihren Urlaub verbringen und die Gebäude benutzen.» Das kulturelle Erbe bleibe damit lebendig.