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Gemeinderat wird verkleinert

Erstellt von Manuela Moser |
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Die Küsnachterinnen und Küsnachter haben entschieden: Die Exekutive wird künftig nicht mehr neun, sondern sieben Mitglieder haben. Der Entscheid fiel nach einer heftig geführten Debatte knapp aus.

Nun hat der Volkswille gesprochen: Mit 51,6 Prozent zu 48,4 Prozent haben die Stimmberechtigten von Küsnacht der Änderung der Gemeindeordnung zugestimmt. Dies bei einer hohen Stimmbeteiligung von 60,5 Prozent. Künftig wird der Gemeinderat also nur noch aus sieben Mitgliedern bestehen. Ausschlag für den Anstoss hatte die Verwaltung-Reorganisation gegeben, die Hand in Hand mit der Exekutive agiler und schlanker werden soll. So werden die heute zwölf Abteilungen in der Verwaltung ebenfalls auf sieben reduziert – wie das im Detail aussehen wird, hat der Gemeinderat noch nicht entschieden. Das Umsetzungsprojekt startet diesen Sommer. Ein Jahr später und nach den Neuwahlen der Exekutive sollte es in Aktion treten.

Die Neuwahlen in der Exekutive stehen im nächsten Frühling an. Bislang hat noch niemand der Räte seinen Rücktritt angekündigt – auch Gemeindepräsident Markus Ernst (FDP) nicht, der in seine vierte, als Gemeinderat sogar in seine fünfte Amtsperiode gehen würde. «Ich will nicht vorgreifen», sagt Ernst auf Anfrage, «und den Entscheid, wieder anzutreten, werde ich zusammen mit meiner Partei fällen.» Es gebe für ihn bei dieser Frage verschiedene Kriterien. Eines davon  sei, wie lange man ein solches Amt schon ausführe. Ein anderes, wie viel Freude und Motivation für das Amt man habe.

Verlierer nennen ihn Pyrrhussieg

Für die Gegner der Vorlage ist die Niederlage vom Sonntag eine Enttäuschung, allen voran das überparteiliche «Komitee für ein vielfältiges Küsnacht», welchem sämtliche Ortsparteien mit Ausnahme von FDP und CVP beigetreten waren. Sie befürchteten, dass mit der Annahme der Vorlage die politische Vielfalt Küsnachts auf dem Spiel stehe. «Es ist schade», sagt Sprecher André Tapernoux (EVP), «für uns ist das knappe Resultat ein Zufallssieg, vielleicht sogar ein Pyrrhussieg.» Denn den potenziell schnelleren Entscheidungen steht entgegen, dass künftig weniger Kompetenzen, Ideen und Meinungen Platz haben werden. «Ich vermute, dass viele Stimmbürger an die Urne gingen, die sich vorwiegend für die eidgenössischen Vorlagen interessierten», so Tapernoux, «und weniger für die Lokalpolitik.» Diese hätten dann im Weisungsbüchlein zur Vorlage «Sieben statt neun Gemeinderäte» nur die Meinung des Gemeinderates abgedruckt gefunden. Zudem, so Tapernoux: «Reduktionen liegen im Trend.» Vielleicht auch ein wenig wegen Corona, weil man gesehen habe, dass es in gewissen Situation wenig Reden und schnelles Handeln brauche.

Auch Hans-Peter Amrein, Kantonsrat und SVP-Ortspräsident, ist enttäuscht über das Resultat. «Die Aufgabe des Gemeinderates ist es, der Verwaltung auf die Finger zu schauen», sagt er. Mit der nun vollzogenen, strengeren Trennung von strategischen Aufgaben zu Gunsten des Gemeinderats und den operativen Aufgaben zu Gunsten der Verwaltung gewinne Letztere an Macht. «Der Gemeinderat gibt seine Zügel aus der Hand», befürchtet Amrein. Küsnacht werde zu einer «Verwaltungsgemeinde», und das sei nicht, «wie unser Dorf bislang funktionierte».

Effizientere Organisation

«Mit der Verkleinerung des Gemeinderates hat die Bevölkerung die Grundlagen für eine ­zeitgemässe, effiziente Organi­sation geschaffen», findet hingegen Gemeindepräsident Markus Ernst. «Wir – und nun auch die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger – stellten eher organisatorische vor politische Überlegungen.» Nach dem starken Widerstand der Ortsparteien im Vorfeld der Abstimmung habe er selber nicht unbedingt mit einem Sieg an der Urne gerechnet. Dennoch: Die Befürchtung, dass die politische Vielfalt in Küsnacht nun sterben werde, teilt der Präsident nicht. «Es liegt nun an den kleineren Parteien, sich aktiv zu beteiligen. In Gremien, in Behörden und bei den Wahlen.» Dabei dürfe man nicht vergessen, dass schon heute nur drei Parteien im Gemeinderat vertreten seien.

Mit einem künftig kleineren Gremium sieht Ernst die Chance, Themen effizienter zu diskutieren und gleichzeitig den einzelnen Mitgliedern mehr Raum zu geben. Die «Übermacht» der Verwaltung kann er nicht gelten lassen. «Eine gute und starke Verwaltung, wie wir sie haben, kennt die Ziele des Gemeinderates und handelt in dessen Sinn.»

Bis zu den Wahlen im Frühling dürfte die Spannung in der Exekutive steigen. Tatsache ist, dass zwei Mitglieder gehen müssen, und sich dazu eventuell neue Kandidierende stellen werden. Wären vor vier Jahren bereits nur sieben Räte wählbar gewesen, hätte es heute zwei SVPler weniger in der Behörde. Sprich: Es ständen vier FDP-Räte einem SVPler, einer GLPlerin und einem Parteilosen gegenüber. Genau diese «FDP-Übermacht» befürchtet das überparteiliche Komitee für ein vielfältiges Küsnacht für die Zukunft.

FDP-Ortspräsident Michael Fingerhuth sagt darauf: «Ich bedauere, dass sich bei der aktuellen Vorlage eine Stimmung gegen die FDP aufgebaut hat.» Dabei sei das Miteinander in der Politik doch viel wichtiger. Er sieht den Erfolg vom Sonntag als einen Entscheid der Vernunft. «Die Küsnachter waren schon immer für die vernünftige Lösung. Gegen die Vorlage gab es eigentlich nur politische Argumente.» Einer Übermacht der FDP, sagt Fingerhuth, der vor vier Jahren selber Wahlleiter war, könne man ganz einfach mit Einsatz begegnen. «Es gibt 29 Behördenämter, die es in RPK, in Sozialkommissionen und so weiter zu besetzen gibt.»

Diese Aufforderung, sich aktiv zu engagieren, ist angekommen. In der Medienmitteilung des Komitees für ein vielfältiges Küsnacht heisst es explizit: «Wir fordern interessierte Küsnachterinnen und Küsnachter auf, einer Partei oder Gruppierung beizutreten und sich dort zu engagieren.»