Die Küsnachter Spielgruppe Topolino wird 30 Jahre alt. Im Gegensatz zu früher fällt es manchen Eltern heute aber schwerer, ihre Kinder den Betreuerinnen zu überlassen.
«Er war schon immer ein kräftiger und wilder Junge», beschreibt Sigrid von Aster, Mitgründerin der Spielgruppe Topolino, niemand Geringeren als Fussballnati-Torhüter Yann Sommer. Er besuchte die Küsnachter Spielgruppe als eines der ersten Kinder, die sie in ihren Anfängen erleben konnte. Seit der Gründung sind mittlerweile 30 Jahre vergangen. In ihren Grundzügen hat sich die Spielgruppe wenig verändert.
Die Kinderpsychotherapeutin Sigrid von Aster hat bei der Gründung das Erziehungskonzept des «freien Spiels» eingeführt. Daran hält sich die Spielgruppe bis heute. Es sei sowohl für das Kind als auch für die lediglich zwei Betreuerinnen ein sehr anspruchsvolles Konzept, wie Elsbeth Gilgen, die 16 Jahre lang in der Spielgruppe arbeitete, und die aktuelle Erzieherin Marianne Meier sagen.
Vertrauen gewinnen wird schwerer
Beim freien Spiel steht die Eigeninitiative der Kinder im Vordergrund. Sie sollen selber entscheiden, was sie spielen und mit wem sie spielen. Die Betreuerinnen machen ihnen keine Vorgaben. «Das hört sich simpel an, doch mit Laisser-faire hat es nichts zu tun», erklärt Sigrid von Aster.
Denn die Erzieherinnen müssen stets präsent sein und wenn nötig, beispielsweise bei einem Streit um ein Spielzeug, eingreifen. Auf diese Art und Weise sollen die Kinder lernen, wie man auf seine Mitmenschen Rücksicht nimmt und Kompromisse eingeht. Die Umsetzung des freien Spiels erfordere jedoch viel Aufmerksamkeit seitens der Erzieherinnen. Deswegen ist die Zahl der Kinder in den letzten Jahren gerade mal von acht auf zehn gestiegen.
«Fünf Kinder auf zwei Betreuerinnen ist das Maximum», sagt von Aster und fügt an: «Das erklärt auch, wieso wir eine morgendliche Spielgruppe geblieben und keine Kita geworden sind. Das freie Spiel wäre für die Kinder über einen ganzen Tag hinweg zu anstrengend.» Dieses Erziehungskonzept den Eltern zu erklären, sei schwierig, da es für viele nicht wirklich greifbar scheint. Umso komplizierter sei es geworden, damit das Vertrauen der Eltern zu gewinnen. «Heute kommen viele mit einem vorgefertigten Bild, wie der Betrieb hier läuft», erklärt die jetzige Betreuerin Marianne Meier. «Oft haben sie eine Vorstellung von dem, was ihrem Kind hier alles geboten werden soll. Aber sie schaffen es nicht, ihre Wünsche konkret auszudrücken.»
Zudem falle es Eltern im Vergleich zu vor 30 Jahren schwerer, ihre Kinder den Betreuerinnen zu überlassen, stellen alle drei Frauen fest. Umgekehrt gebe es Situationen, in denen das Kind beim Eintritt in die Spielgruppe verunsichert sei, sagt die langjährige Betreuerin Elsbeth Gilgen. «Einige Kinder haben mittlerweile eine richtige Freizeitgestaltung. Sie gehen ins Turnen, Singen und nehmen sogar Englischkurse. Und plötzlich kommen sie an einen Ort, wo sie diejenigen sind, die entscheiden, was gemacht wird.»
Lebensumstände ändern sich öfter
Auffällig ist auch die Entwicklung der Wechsel innerhalb der Spielgruppe. Wo früher die Betreuer mehrfach gewechselt haben, wird seit einigen Jahren viel Wert darauf gelegt, dass sich die Kinder in einer gewohnten Umgebung befinden und die Erzieherinnen gewillt sind, längerfristig zu bleiben. Zudem ist es nun eine Anforderung, dass die Mitarbeiterinnen eine pädagogische Ausbildung absolviert haben oder diese während der Anstellung nachholen. Zu Gründungszeiten war dieses Bedürfnis weniger stark vorhanden: An jedem Montagmorgen war nur ein Elternduo für die Betreuung zuständig. Auf der anderen Seite hat die Beständigkeit abgenommen. Kinder verlassen die Spielgruppe häufig vor dem Eintritt in den Kindergarten, weil ihre Eltern vermehrt wegziehen. «Die Menschen sind heute schnelllebiger und weniger sesshaft», meint Elsbeth Gilgen.
Im Sommer werden einige Kinder die Spielgruppe auf herkömmlichem Wege in den Kindergarten verlassen müssen. Interessierte Eltern können am 21. März an einem Tag der offenen Tür die Räumlichkeiten besichtigen. (Dennis Baumann)