Abo bestellen

Hohler denkt laut übers Älterwerden nach

Erstellt von Larissa Jurczek |
Zurück

Schriftsteller und Kabarettist Franz Hohler kam vergangene Woche für eine Lesung nach Küsnacht. Seine vorgetragenen Geschichten und Gedichte drehten sich um die Freuden und Tücken des Älterwerdens.

Schriftsteller und Kabarettist Franz Hohler kam vergangene Woche für eine Lesung nach Küsnacht. Seine vorgetragenen Geschichten und Gedichte drehten sich um die Freuden und Tücken des Älterwerdens.

«Täuschst du dich oder zittert manchmal die Hand ein bisschen, wenn du den Suppenlöffel hältst?» Mit diesem Gedicht aus seinem Buch «Alt?» steigt Franz Hohler vergangenen Donnerstag in seine Lesung «Weni mol alt bi» im Alters- und Gesundheitszentrum Tägerhalde in Küsnacht ein. Und in diesem Stil macht der Schriftsteller und Kabarettist auch gleich weiter. Der 76-Jährige spricht von Einladungen zur Seniorenweihnacht, künstlichen Hüftgelenken, von Bekannten, deren Vornamen einem einfach nicht mehr einfallen wollen, und von Sparlampen, bei denen sich ein Senior fragen kann, ob diese ihn mit ihren 10 000 Stunden Brenndauer nicht überleben.

Kanada, Marokko, Küsnacht
Das Publikum besteht grösstenteils aus Seniorinnen und Senioren, die sich von den «Freuden und Tücken des Älterwerdens» angesprochen fühlen. Der Saal, in dem Hohler aus seinem Gesamtwerk vorträgt, ist voll. Dies freut Brigitte Seifert-Wüst, Leiterin der Fachstelle Alter und Gesundheit Küsnacht, welche die Lesung organisiert hat. Jährlich leitet sie mehrere Veranstaltungen und Referate zu gesundheitsfördernden Themen in die Wege, wie beispielsweise «Zusammenhang von Hören und Gehirn» oder «Rhythmik ab 65». Manchmal setzt sie auch einen anderen Fokus.
Dieses Jahr sollte es etwas Kulturelles sein. Dazu kam der Leiterin Franz Hohler in den Sinn, den sie seit ihrer Kindheit kennt und bei dem sie den Eindruck hatte, «dass sich die Küsnachter über eine Lesung von ihm zum Thema ‹Alter› freuen könnten ». Seifert-Wüst ist es auch, die den Kabarettisten ankündigt. Er sei schon in vielen Ländern aufgetreten, «in Kanada, Marokko, Tunesien – und heute ist er bei uns in Küsnacht». Gross vorstellen muss sie ihn nicht mehr, Hohler und seine Werke sind den Anwesenden bekannt.

Applaus nach jedem Text
Während rund eineinhalb Stunden trägt Franz Hohler Geschichten, Gedichte und Lieder vor, die meisten über das Älterwerden. Doch es sind auch einige Kindergeschichten darunter und solche, die der Schriftsteller in jungen Jahren verfasst hat oder die sich um seine Jugendjahre drehen. So wie die Geschichte «Als ich 20 war», welche den gefrorenen Zürichsee, Hohlers Matura und Studienanfänge sowie das fehlende Frauenstimmrecht behandelt. Das Publikum applaudiert nach jedem noch so kurzen Text. Als er das Lied «Weni mol alt bi» – zur Melodie von «When I’m 64» von den Beatles – zum Besten gibt, summt oder singt sogar der eine oder andere Zuschauer mit.
Die vorgetragenen Werke sind überwiegend humoristisch, weswegen der Saal meist von Gelächter erfüllt ist. Doch es sind auch ernsthafte Texte dabei: Schliesslich ist auch das Sterben Teil des Älterwerdens.
Hohler erzählt zu vielen Geschichten und Gedichten eine Anekdote oder erklärt die Entstehungshintergründe. Klassiker wie das «Totenmügerli » – eine Geschichte mit teilweise erfundenen Wörtern, die Berndeutsch klingen sollen – dürfen ebenfalls nicht fehlen. Der Schriftsteller macht zudem Werbung für seinen 2017 erschienenen Roman «Das Päckchen», aus welchem er den Anfang vorliest. Dieser passt mit der älteren Frau, die gleich zu Beginn der Geschichte für Verwirrung sorgt, zum Thema der Lesung. Natürlich hört er genau dann mit dem Vorlesen auf, als es spannend wird. «Wer wissen will, wie es weitergeht, kann das Buch kaufen.» Der Saal lacht.

«Es tat gut, herzhaft zu lachen»
Die Lesung beendet Hohler mit «handgeschriebenen Versen, extra für die heutige Veranstaltung» über einen Hecht, der seine Eier in den nahegelegenen Schübelweiher legt. Unter Applaus verlässt er die Bühne und macht sich sogleich ans Signieren. Bepackt mit Büchern, welche die Buchhandlung Wolf zum Verkauf anbietet, stehen die Anwesenden vor dem Signiertisch Schlange. Nebst den gewünschten Widmungen lassen sie Hohler wissen, wie sehr ihnen seine Lesung gefallen hat. Sie habe sich über seine Anwesenheit gefreut, so eine ältere Dame. Ihre Kollegin pflichtet bei: «Es tat gut, mal wieder einen Nachmittag so richtig herzhaft zu lachen.»
Der Schriftsteller signiert eine gute Dreiviertelstunde lang unermüdlich. Gleichzeitig findet ein Apéro statt, von dem der Star des Nachmittags allerdings nicht viel mitbekommt. Die meisten Seniorinnen und Senioren, die daran teilnehmen, kennen sich untereinander. Manchen geht es wie in Hohlers Gedicht, das er zu Beginn vorgetragen hat: «Wie heisst du nochmals? Warte, sag nichts, gleich fällt es mir bestimmt wieder ein!»