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Investitionen nach Abstimmung gedrosselt

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An der letzten Herrliberger Gemeindeversammlung vom Jahr stellte der Gemeinderat das Budget 2020 vor. Der Bau der Hängeseilbrücke Rietli sorgte für am meisten Diskussionsstoff.

«Den Herrliberger Finanzen geht es gut», sagte Finanzvorsteher Joel Gieringer (FDP) vor den 180 anwesenden Stimmberechtigten, bevor er die Zahlen für das Jahr 2020 vorstellte. Mit einem Gesamtaufwand über 84,2 Millionen Franken und einem Gesamtertrag von 84,4 Millionen resultiert für das Herrliberger Budget ein leichter Ertragsüberschuss von 200000 Franken. Für die Rechnungsprüfungskommission (RPK) ein Plus, welches ihrer Ansicht nach einige Investitionen nicht zulässt. Zudem sei das geplante Investitionsvolumen über 44 Millionen Franken in den kommenden vier Jahren eine «beachtliche Summe». Deshalb hatte sie im Vorfeld eine Reduktion der Ausgaben vorgeschlagen.

Hin und Her um Hängeseilbrücke
Von der rund 2,5 Stunden langen Gemeindeversammlung beanspruchte die Position um den Bau einer Hängeseilbrücke zwischen Herrliberg und Meilen über das Bünisbachtobel einen Grossteil des gesamten Abends. Finanzvorsteher Gieringer stellte das Projekt vor, welches Planungskosten von 25000 Franken für 2020 vorsieht und weitere 285000 Franken an Baukosten im Jahr 2021, wobei sich die Gemeinde Herrliberg mit 235000 Franken und Meilen mit 80000 Franken beteiligen sollen.

Gieringer argumentierte, dass man sich den Bau der Hängeseilbrücke trotz in Zukunft abnehmender Ertragsüberschüsse leisten könne. Anlässlich des 150-jährigen Bestehens der Zürcher Kantonalbank (ZKB) bringe die Jubiläumsdividende einen Mehrertrag von 215000 Franken, mit dem die Brücke teilfinanziert werden könne. Aus Sicht der ZKB würde man sich freuen, wenn die Gemeinden die Jubiläumsdividenden für besondere Projekte nutzen würden, heisst es in einem Schreiben der ZKB über den Verwendungszweck der Dividende.

RPK-Präsident Michael Lüscher (SVP) sah die Argumentation kritisch und stellte den Änderungsantrag über eine Streichung der Hängeseilbrücke. Die RPK bezweifle die Notwendigkeit einer Hängeseilbrücke und befand die Erschliessung des Gebiets durch einen Wanderweg «unter finanzpolitischen Gesichtspunkten für angemessener». Zudem sei die Jubiläumsdividende nichts Besonderes, da sie jährlich im Finanzplan berücksichtigt werde. «Die Jubiläumsdividende ist keine Spende. Die ZKB gibt das Geld nicht freiwillig», fügte Lüscher an und erklärte, dass die ZKB über den Verwendungszweck kein Mitspracherecht verfüge und die Gemeinde Herrliberg deren Vorschlag nicht annehmen müsse. «Die Hängeseilbrücke liegt nicht nur schräg in der Landschaft, sondern auch schräg im Finanzplan», schloss Lüscher den Antrag der RPK ab.

Das Thema spaltete die Herrliberger. Gegner der Brücke störten sich an der Aufteilung der Baukosten, da sich die Gemeinde Meilen mit nur 28 Prozent beteiligt, obwohl die Brücke zur Hälfte über Meilener Bodens hängen würde. Auch die beiden Präsidenten Tobias Freitag (SVP) und Phillippe Chevroulet (FDP) hielten an der Argumentation der RPK fest. Diverse Stimmbürger aus dem Wohngebiet Rietli, die direkt von der Brücke profitieren würden, befürworteten jedoch den Bau.

Anwohner Albert Ganz sprach für alle Spaziergänger: «Ich sehe jeden Tag so viele Menschen laufen gehen. Auch wenn die Brücke nicht zwingend notwendig ist, kurz vor Weihnachten dürfen wir uns doch etwas Schönes schenken.» Die besinnlichen Worte halfen nichts. Nach über 20 Minuten Plenumsdiskussion wurde der Antrag der RPK über die Streichung der Hängeseilbrücke mit 92:70 Stimmen angenommen.

Elektroautos weiterhin aussen vor
Werkvorsteher Thomas Dinkel (FDP) stellte das Budget der vier Ladestationen für Elektroautos vor, welches für 2020 Investitionskosten von 215000 Franken verursachen würde. Es stellte sich von Anfang an die Frage, ob es die Aufgabe der Gemeinden sei, Ladestationen zur Verfügung zu stellen. Dinkel war der Ansicht, dass auf diese Weise die Gemeinde selbst an der Gestaltung der Zukunft beteiligt sei, wenn sie mit dem Bau von Ladestationen ein Zeichen setzt.

Die RPK stellte den Antrag für eine Streichung der Stromladestationen, was für 2020 und die Folgejahre Einsparungen von 365000 Franken ergeben würde. Ohnehin halte sich der Bedarf nach Ladestationen in Grenzen. Wenige Anwesende stellten sich gegen den Antrag der RPK. Dazwischen sagte ein Votant, dass durch den Bau von Ladestationen Elektroautos salonfähig werden und sich der Bedarf erst dadurch ergebe. In der Schlussabstimmung wurde die Streichung der Ladestationen mit einem deutlichen Mehr angenommen. Zudem wurde dem Vorschlag des Gemeinderats über die Belassung des Steuerfusses auf 78 Prozent klar zugestimmt.

Für Schule und LED-Beleuchtung
Vereinzelte Diskussionen gab es zum Budget für intelligente LED-Strassenlaternen. Mit einem Kredit über 1,6 Millionen Franken sollten 700 der insgesamt 766 Strassenleuchten durch energiesparende LED-Lampen ersetzt werden. Infrarotsensoren erkennen die Bewegung der Fahrzeuge und stellen entsprechend die Helligkeit der Leuchten ein. Gemeinderat Thomas Dinkel bezog sich auf die eidgenössische Energiestrategie 2050 und hielt langfristige Ersparnisse in der Höhe von 58000 Franken pro Jahr fest.

Ausserdem sind im Projekt zwölf Multifunktionsleuchten eingeplant, die beispielsweise der Verkehrszählung dienen könnten. Die Stimmberechtigten begegneten dem Budget für die LED-Beleuchtung positiv. Nur einzelne Fragen blieben offen. So wollte eine Herrlibergerin sichergehen, dass in den Multifunktionsleuchten nichts ohne das Einverständnis der Stimmbevölkerung eingebaut wird. Eine weitere Bürgerin fragte, ob die Bewegungsinformation durch die neue Strassenbeleuchtung gespeichert werde. Gemeinderat Dinkel konnte beide Anwohnerinnen beruhigen. Es werde weder ohne Befugnis in die Lampen eingegriffen, noch würden die Bewegungen der Bewohner aufgezeichnet.

Ausserdem präsentierte Schulpräsidentin Marion Bartels (SVP) das Budget über den Bau einer gemeinsamen Sekundarschule mit der Gemeinde Erlenbach, welches vom Stimmvolk, trotz eines Aufwands von über 4,3 Millionen Franken, angenommen wurde. Die Gemeinde Herrliberg beteiligt sich mit 2,3 Millionen Franken. (Dennis Baumann)