Von der Umkleidekabine im Schiedsrichterzimmer zum Aufstieg in die 2. Liga: Der Frauenfussball Küsnacht hat sich gemausert und feiert den Erfolg.
Frauenfussball boomt. Der FC Zürich hat den Kampf um den Cup gewonnen. Auch die besten Küsnachter Fussballspielerinnen kämpfen – mit Erfolg: Die 1. Frauenmannschaft des FC Küsnacht (FCK) hat den Aufstieg in die 2. Liga geschafft.
Gut 30 aktive Frauen und 150 Juniorinnen gehen für Küsnacht auf Torjagd – von den jüngsten, die mit fünf Jahren in die Girls Soccer School eintreten, bis zu den ältesten, die in der 1. Mannschaft spielen. Der FCK wurde 1907 gegründet. Dieses Jahr feiert der Verein sein 115-jähriges Bestehen. Frauen haben sich seit der Gründungszeit immer engagiert. «Es wurde geschätzt, dass sie an Events servierten oder an der Chilbi Einsätze übernahmen, aber dass sie Trikots oder Bälle nutzten, war damals kein Thema», erzählt die Frauenverantwortliche Monika Kamer.
2013 hätte sich eine Veränderung angebahnt: Viele Trainer und Eltern halfen bei der Frauenabteilung mit – darunter auch Kamer. Weitere sechs Jahre vergingen, bis die Aufbruchstimmung richtig losging. «Die FCK-Frauen wurden mehr und mehr gleichbehandelt wie ihre männlichen Kollegen. Dafür wurde aber auch ein Leistungsprinzip eingeführt», so die 60-Jährige weiter. Dank einem neuen Spielkonzept, das der Trainer Fabio Alves Vidal in den FCK hineinbrachte, hätten die Frauen extreme Fortschritte gemacht. Zudem engagierte der FCK mit Rainer Bieli zum ersten Mal einen technischen Leiter für den Frauenfussball.
Multikulturelle Fussballtaktik
Der Profi-Fussballer und Cheftrainer der FCK-Frauen, Fabio Alves Vidal, trainiert die Frauen seit drei Jahren. Im Vergleich zum Männerfussball fällt ihm auf: «Der Körperkontakt ist bei den Frauen auf dem Spielfeld weniger ausgeprägt als bei den Männern, sie sorgen sich viel eher umeinen», sagt der 51-Jährige. Sein Spielkonzept sei eine Mischung aus brasilianischem, deutschem und englischem Fussball. «Brasilien spielt technisch elegant, Deutschland sucht den Körperkontakt, und England ist schnell und spielt direkt», erklärt Alves Vidal. Beim Körperkontakt gebe es auf dem Spielfeld noch viel zu verbessern, das Technische und das Passspiel würden die Frauen beherrschen. Doch der guten technischen Ausbildung und dem limitierten Körperkontakt könne man auch etwas Positives abgewinnen: «In den letzten zwei Jahren hat sich keine einzige Spielerin eine gravierende Verletzung zugezogen», meint der Cheftrainer.
Gemeinsam mit dem Assistenztrainer Iury Edmar Neves de Carvalho und Torspielertrainer Valentine Chinwuba, dem ehemaligen Profi, der die Torspieler des ganzen FCK auf Vordermann bringt, trainiert er die Frauen in den rot-weissen Trikots zweimal die Woche auf der Sportanlage Fallacher.
«Position halten»
Die Juniorinnen haben viele Möglichkeiten, um sportlich weiterzukommen: «Wir sind Vorbilder für die Mädchen und ermutigen sie, etwas zu erreichen», sagt das langjährige Vereinsmitglied Nicole Erne. Die 29-Jährige startete ihre Fussballkarriere 2003 beim SC Zollikon. Dort spielte sie noch mit Jungs im Team, da sich noch nicht genügend Mädchen für eine Mädchenmannschaft finden liessen. Sie erinnert sich: «Als wir mit den Jungs spielten, mussten wir uns im Sanitäts- oder Schiedsrichterzimmer umziehen.»
Im Jahr 2010 wurden die Mädchen und Frauen des SC Zollikon und des FC Küsnacht zusammengelegt. Als Captain der Frauen 1 sagt sie: «Wir haben den Aufstieg gemeinsam erreicht und wollen nun die Position halten.» In den letzten Jahren hätten sie enormen Fortschritt gemacht. Etwas mehr Medienpräsenz würde dem Frauenfussball guttun, um ihn noch grösser zu machen, so Erni weiter.
FCK fördert den Frauenfussball
Auch der Präsident des Vereins, Thomas Frei, zieht nach drei Jahren Amtszeit ein positives Zwischenfazit: «Wir wollen mit den Spielerinnen, die wir ausbilden, gross werden. Wir investieren viel Geld, um die Mädchen und Frauen an den Aktivfussball heranzuführen», sagt der 59-Jährige. Der Frauenfussball boome, und die Vereine hätten bemerkt, welchen Mehrwert der Frauenfussball in die Fussballkultur bringe. Der FCK habe neben finanziellen Mitteln auch Strukturen geschaffen, um den Frauenfussball zu fördern – stets mit Blick auf die Zukunft: «Wir melden unsere Juniorinnen auch zur Sichtung bei den Regionalauswahlen, damit viele von ihnen beim GCZ oder beim FCZ Erfahrungen sammeln können.»
Mit Erfolg: Derzeit seien dort über 20 Juniorinnen im Einsatz. Frei ist begeistert von den kürzlichen Erfolgen im Frauen- und im Männerfussball. «Es steht sich einfach viel besser auf zwei als nur auf einem Bein», meint er, nachdem er den Frauen auf dem Platz im Fallacher zu ihrem Sieg gratuliert hat.
Am 12. Juni um 14 Uhr ist die Bevölkerung eingeladen, beim Spiel des FCK Frauen 1 gegen den FC Hausen am Albis 1 auf dem Heslibach auf die glanzvolle Saison anzustossen.