Die Corona-Krise trifft auch Obdachlose, Drogensüchtige und Prostituierte hart. Viele Anlaufstellen sind geschlossen. Hilfe kommt auch aus Küsnacht.
«Als ich gesehen habe, wie viele Leute Unterstützung brauchen, konnte ich danach fast nicht mehr schlafen», erzählt Toni Albino. Er führt das Restaurant Falken in Küsnacht. Doch wegen der Corona-Krise kocht er nicht mehr für seine üblichen Gäste, sondern für Menschen am Rand der Gesellschaft. «Ich hatte so viele Vorräte, die ich nicht kaputt gehen lassen wollte», sagt Albino. «Auch wenn die Krise mein Restaurant hart trifft, uns geht es vergleichsweise noch gut», so der Gastronom. Für seine sechs Mitarbeitenden hat er Kurzarbeit beantragen müssen.
Mit seinem Küchenchef Lars Schwalenberg und seinen zwei Kindern, Rony (16) und Sarah (20), bereitet Albino seit Mitte März jeden zweiten Tag Suppen zu. Diese bringt er in biologisch abbaubarem Einweggeschirr nach Zürich, wo sie an der Langstrasse gratis verteilt werden. Der christliche Verein Incontro um Schwester Ariane Stöcklin und die Freunde der Gemeinschaft Sant’Egidio sind jeden Abend mit dem Essenswagen unterwegs.
Essen zum Mitnehmen
Damit Bedürftige auch mittags nicht hungern müssen, haben sich Hilfsorganisationen zusammengetan und einen temporären Take-away gegründet. Die Heilsarmee, die Vereine Christehüsli und Netz4 sowie die Evangelisch-Methodistische Kirche verteilen beim sogenannten «Hope House» an der Ankerstrasse in Zürich Mittagessen zum Mitnehmen. Das Take-away-Prinzip ist ideal, weil keine Menschenansammlungen entstehen dürfen. Diese hat der Bund in der aktuellen Lage verboten.
Die Angebote sind nötig. Denn die Schweiz ist zwar eines der reichsten Länder der Welt, trotzdem gibt es viele Menschen, die kein Obdach haben. Und in der Krise gehen die Schwächsten der Gesellschaft schnell vergessen. Besonders Obdachlose, Randständige und Prostituierte sind auf Hilfe angewiesen. Viele Angebote, die sich an die sozial Schwachen richten, etwa der Pfuusbus, können ihren Betrieb nur eingeschränkt aufrechterhalten oder sind derzeit geschlossen. «Tischlein deck dich», das Lebensmittel an armutsbetroffene Menschen verteilt, hat sein Angebot vorübergehend eingestellt.
Lebensmittel sind gefragt
Doch nicht nur Restaurants können helfen. Unter dem Motto «Broken Bread», also gebrochenes Brot, sind Lebensmittelpakete für Menschen auf der Gasse gefragt. In vielen katholischen Kirchen des Kantons können freitags Lebensmittelpakete – in Papiersäcken – vor dem Altar deponiert werden. Die katholische Kirche Küsnacht-Erlenbach beteiligt sich am Projekt. «Jeder kann seinen Teil beitragen, damit es Wohnungslosen, Drogenabhängigen und Frauen aus dem Milieu in dieser schweren Zeit besser geht», sagt der Küsnachter Pfarrer Karl Wolf. Das Projekt sei sehr gut angelaufen und die reformierte Kirche Küsnacht beteilige sich neu ebenfalls. Gefragt sind zwei verschiedene Pakete – für Personen, die eine Kochgelegenheit haben und für solche, die obdachlos sind (siehe unten). «Die Lebensmittelpakete können in Küsnacht oder Erlenbach abgegeben werden», so der katholische Pfarrer Wolf. Verteilt werden die Lebensmittelpakete durch den Verein Incontro.
Toni Albino vom Restaurant Falken hat seine Vorräte mittlerweile aufgebraucht. «Ich möchte aber weitermachen», sagt er. Albino startet deshalb einen Aufruf: «Wenn es Restaurants oder Geschäfte gibt, die ihre Lebensmittelvorräte spenden möchten, sollen sie mich kontaktieren.» Er hole die Vorräte auch selber ab. Albino: «Ich bin dankbar für alle, die uns jetzt schon unterstützen.» (pw.)
Lebensmittelpakete
Lebensmittelpaket können freitags vor dem Altar in den katholischen Kirchen in Küsnacht und in Erlenbach deponiert werden.
Variante 1 – für Personen, die eine Kochgelegenheit haben:
- 1 Pack Toastbrot
- 1 Brotaufstrich (Nutella, Konfitüre, Honig)
- 2 Packungen/Schachteln Streichkäse/Sandwichkäse (ohne Kühlung haltbar)
- 2 Dosen Thon
- 1 kg Teigwaren und 1 kg Reis
- Schokolade, Schoggi-Cake oder Madeleine
- 1 Dose Pastetenfüllung
- 1 Tomatensauce
- 1 Büchse Erbsli mit Rüebli bzw. Bohnen
- Instantkaffee oder Tee
- ½ Liter Milch
Variante 2 – für Obdachlose
- 1 Pack Toastbrot
- 1 Brotaufstrich (Nutella, Konfitüre, Honig)
- 2 Packungen/Schachteln Streichkäse/Sandwichkäse
- 2 Dosen Maiskörner (Dose, die man ohne Dosenöffner öffnen kann)
- 2 Dosen Thon
- 1 Pack Salami
- Schokolade, Schoggi-Cake oder Madeleine
- Apfelmus (Dose mit Lasche oder Tetrapackung)
- 1 Liter Orangensaft
- ½ Liter Milch
- 1 Plastikmesser/ 1 Plastiklöffel
Geld spenden
Verein Incontro, Bullingerstrasse, 8004 Zürich, open-hearts@bluewin.ch
IBAN: CH68 0023 0230 6919 3301 U
Vorräte spenden
Toni Albino, Restaurant Falken, Küsnacht. Telefon: 079 610 10 47 E-Mail:
toni.albino@me.com