Der Küsnachter Werner Bauer hat von der Universität Zürich einen Ehrendoktortitel erhalten. Dies für sein Engagement als Präsident des Schweizerischen Instituts für ärztliche Weiter- und Fortbildung. Seit zehn Jahren ist er dort eine prägende Figur.
«Das kam wie aus dem Nichts», erzählt der Arzt Werner Bauer über den Erhalt seines Ehrendoktortitels (siehe Kasten). Er habe damit zu keinem Zeitpunkt gerechnet. Er ging im Prinzip nur seiner Arbeit nach. «Umso mehr habe ich mich über diese Ehrung gefreut. Es ist erfreulich, dass die Uni einmal auch das Engagement für die ärztliche Bildung speziell würdigt», sagt Bauer und meint damit die ärztliche Weiter- und Fortbildung. Seit zehn Jahren ist er Leiter des Schweizer Instituts für ärztliche Weiter- und Fortbildung (SIWF) und hat seither daran gearbeitet, die Qualität der Facharztweiterbildung zu sichern und zu verbessern.
Die Vergabe der Ehrenpromotionen findet jedes Jahr am «dies academicus» statt, dem Gründungstag der Universität Zürich. Wo die geladenen Gäste für gewöhnlich auf einen festlichen Anlass mit Buffet und musikalischen Darbietungen trafen, hat das Coronavirus dieses Jahr den Festivitäten einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Deswegen hat der Anlass virtuell stattgefunden. Der Dekan der medizinischen Fakultät hat Bauer den Titel lediglich per Video vergeben können. «Er wird mir die eigentliche Urkunde zu einem späteren Zeitpunkt bei einem Bier übergeben», lacht der 72-Jährige. Dem Küsnachter Arzt geht es sowieso weniger um seine Person und den Erhalt des Ehrendoktors, sondern viel mehr um das Aufmerksammachen auf die Probleme und Herausforderungen, die ihn und das SIWF beschäftigen.
Zeit ist Geld, vor allem im Spital
Um als Arzt selbstständig arbeiten zu können, müssen sich angehende Mediziner nach ihrem Studium mindestens fünf Jahre weiterbilden und einen Facharzttitel erwerben. Dazu müssen sie an sogenannten Weiterbildungsstätten arbeiten. Das sind zum Beispiel Spitäler oder Arztpraxen, wo die sich Weiterzubildenden als Assistenzärztinnen und -ärzte von den Chef- und Kaderärzten geschult werden. Das SIWF arbeitet im Auftrag des Bundes und ist für die Erarbeitung, Genehmigung und Revision aller Weiterbildungsprogramme zuständig. Es erkennt die Weiterbildungsstätten an und führt zur Qualitätskontrolle Visitationen durch. Schliesslich vergibt das SIWF bei Erfüllung der Anforderungen die eidgenössischen Facharzttitel. Vor seinem Amtsantritt als Leiter beim SIWF hat Bauer eine Praxis in Küsnacht geführt.
Für ihn ist vor allem der ökonomische Druck in den Spitälern ein Hindernis, das der ärztlichen Weiterbildung im Weg steht. «Was die Finanzierung der Facharztweiterbildung angeht, müssen wir immer dran bleiben», sagt Bauer. Die Weiterbildung benötigt Zeit, und auch in Spitälern und Praxen trifft der Satz «Zeit ist Geld» zu. Der Zwang zu möglichst hoher Effizienz erschwert es zunehmend, dass sich erfahrene Ärzte für die Anleitung der Assistenzärzte genügend Zeit nehmen können.
Denn wenn jemandem beispielsweise während eines Eingriffs etwas erklärt oder gezeigt werden muss, verlängert dies die Operationszeit. Um diesem zunehmenden Mangel an Ressourcen entgegenzuwirken, erinnert Bauer stets daran, dass die Weiterbildung der Assistenten hohe Priorität haben muss. «Für den Erhalt der Qualität des Gesundheitswesens ist es entscheidend, dass junge Ärzte heute gut ausgebildet werden», so Bauer.
SIWF wartet auf Konkordat
Ein weiterer Punkt, für den das SIWF zuständig ist, ist die ärztliche Fortbildung. Diese ist nicht an ein bestimmtes Bildungsprogramm gebunden, wie es bei der Weiterbildung der Fall ist. Alle aktiven Ärzte haben die allgemeine Berufspflicht, sich stetig fortzubilden. Über eine elektronische Plattform des SIWF müssen sie alle drei Jahre nachweisen, wie sie sich fortgebildet haben. Das können beispielsweise Seminarbesuche, E-Learning-Plattformen oder Übungsgruppen sein, in die sie pro Jahr mindestens 50 Stunden investiert haben müssen.
Sinn und Zweck dahinter ist, dass die Ärzte ihr Wissen fortlaufend aktuell halten und sich beruflich weiterentwickeln. Unter Werner Bauer als Leiter des SIWF gab es trotz finanziellem Druck bei den Spitälern auch einige Erfolge zu verzeichnen. So sind die Weiterbildungsprogramme um einiges strukturierter und einheitlicher geregelt als früher. Zudem werden sie periodisch überarbeitet und den Entwicklungen der Medizin angepasst, meint Bauer.
Doch seien Erfolge beim SIWF immer Teil eines fortlaufenden Prozesses. Auch die Methodik der Weiterbildung muss laufend aktualisiert werden, und die Frage nach der Finanzierung stellt sich jedes Jahr dringender. «Aktuell haben wir zusammen mit der Gesundheitsdirektorenkonferenz ein Konkordat eingebracht, das die Finanzierung der Weiterbildung absichern soll. Jedes Spital erhält pro Assistenzarzt eine gewisse finanzielle Zuwendung. Wir warten zurzeit auf die Zustimmung aller Kantone», erklärt der 72-jährige Küsnachter. (Dennis Baumann)
Kasten: Was ist eigentlich ein Ehrendoktor?
Die Fakultäten der Universität Zürich vergeben jedes Jahr am sogenannten «dies academicus», jeweils am letzten Samstag des Aprils, Auszeichnungen an Personen, die sich mit ihren Leistungen hervorheben konnten. So werden an diesem Tag für ausgezeichnete Dissertationen oder weitere wissenschaftliche Arbeiten Preise verliehen. Besonderem Engagement für die Universität Zürich oder für die Gesellschaft im Allgemeinen über lange Zeit hinweg wird mit der Vergabe von Ehrendoktortiteln gedankt. Die Verleihung solcher Auszeichnungen geht auf das Jahr 1833, das Gründungsjahr der Uni Zürich, zurück. Der «dies academicus» ist für die Uni daher ein Feiertag, der an jene Gründung erinnern sollte. Bereits 1837 gab es den ersten «dies academicus», an dem der Rektor die ausserordentlichen Leistungen bei diesem festlichen Anlass ehrt. Die Vergabe des Ehrendoktors ist exklusiv. Lediglich eine Person pro Fakultät kann eine jeweilige Auszeichnung erhalten. (db.)