Die Ausstellung «Das kleine Format» in Zollikon wurde am vergangenen Sonntag zum Atelier. Vor Ort portraitierten die Künstler Andrea Muheim und Alex Zwalen Besuchende.
Sich portraitieren zu lassen, ist meist eine kostspielige Angelegenheit. Nicht so kürzlich in Zollikon: Für 100 Franken fertigen die beiden Zürcher Künstler Andrea Muheim und Alex Zwalen in 30 Minuten ein Bildnis von Ausstellungsbesuchern an. «Takeaway- Portrait» nannte sich der Anlass, der erstmalig im Rahmen der Ausstellung «Das kleine Format» (DKF) stattfand. Und die besondere Gelegenheit wurde rege genutzt: Die beiden Kunstschaffenden waren fast durchgehend «gebucht». «Es braucht Mut, live zu malen, denn der Künstler oder die Künstlerin exponiert sich total», lobt Kunsthistorikerin Detta Kälin, die aus Einsiedeln angereist war, um zusammen mit ihrem Mann von Andrea Muheim portraitiert zu werden. Ein Werk zur Seite zu legen oder gar neu zu beginnen, das ist in diesem Setting nämlich keine Option. «Dass ich mich zeitlich beschränken muss, macht es für mich spannend, es passiert etwas anderes in mir», sagt die 50-jährige Muheim.
Mensch zeigt sich durch Bewegung
Neben der zeitlichen Begrenzung sind auch die neugierigen Zuschauer rundherum eine besondere Situation für die Künstler. Doch weder Muheim noch Zwalen lassen sich davon irritieren. «Einzig bei den ersten Strichen bin ich jeweils etwas nervös», gesteht Muheim. «Da frage ich mich, ob ich die richtige Richtung eingeschlagen habe.» Danach sei sie völlig in ihrem Element und bemerke Zuschauende kaum mehr. Sie malt mit Ölfarbe auf eine dunkel grundierte Leinwand – die Bilder wirken warm und atmosphärisch. Für Details reicht die Zeit nicht, trotzdem ist höchst erstaunlich, was sie in einer halben Stunde auf die Leinwand pinselt.
Während das Portrait entsteht, wird über den Kunstmarkt diskutiert. 100 Franken sei viel zu wenig für ein Portrait, auch in diesem Schnellverfahren, meint Kälin, die Kunsthistorikerin, und erhält Zustimmung von der Künstlerin. Wenn ein Modell zu ihr ins Atelier komme, müsse sie mehr verlangen, versichert Muheim. Auch bei Alex Zwalen wird geplaudert. Er portraitiert mit der Küsnachter Künstlerin Cornelia Horn- Fröhlich eine der Mitorganisatorinnen der Ausstellung – da wird natürlich gefachsimpelt. Dass sich sein Modell dabei ständig bewegt, ist für den Künstler kein Problem. «Ich mag die Bewegung, weil Menschen dann viel mehr von sich zeigen», erklärt der 60-Jährige. Schliesslich versuche er, den Menschen in seinem Wesen zu erfassen und nicht ein fotografisches Abbild zu schaffen.
Zwalen zeichnet mit wasservermalbaren Grafitstiften. So entsteht eine detailliertes Portrait, in das der Künstler mit der rot eingefärbten Halskette einen spannenden Farbtupfer setzt. Als die 30 Minuten vorbei sind und er sein Werk Cornelia Horn-Fröhlich präsentiert, spart diese nicht mit kritischem Feedback: «Die Augen sind etwas weit auseinander und etwas hoch», meint sie lachend. Doch Mund und Nase gefallen ihr gut. Sie werde das Bild auf jeden Fall in ihrem Atelier aufhängen, versichert sie. Für Horn-Fröhlich war es eine besondere Erfahrung gewesen, einmal die andere Rolle einzunehmen. «Ich weiss ja, wie genau ein Künstler sein Modell anschaut, und hoffe immer, dass mein Gegenüber dies nicht bemerkt», erzählt sie. Ganz überrascht habe sie nun festgestellt, dass man dies gar nicht spüre.
Diversität soll erhalten bleiben
Alex Zwalen und Andrea Muheim sind zwei von 54 Künstlern, die dieses Jahr in der Villa Meier-Severini kleinformatige Werke zeigen. Die renommierte Ausstellung findet zum 32. Mal statt.
Seit der Sonderausstellung vor drei Jahren werden die Künstler eingeladen, anstatt dass im Vorfeld eine Jurierung stattfindet. Das habe nicht nur für positive Reaktion gesorgt, erzählt Andrea Pfister, die seit 2012 als Ausstellungsmacherin dabei ist und nun das neu formierte Kuratorenteam leitet. Der Grund für die Veränderung liege beim grossen Aufwand einer Jurierung von immer zahlreicheren Einsendungen. Doch das Auswahlprozedere soll sich weiter wandeln. «Um die Diversität zu erhalten, möchten wir das Einladungsverfahren so weiterzuentwickeln, dass sich Kunstschaffende auch zukünftig mit einem Portfolio bewerben können», versichert Pfister. Wie das genau ausgestaltet werden soll, möchte sie noch offenlassen.