Das Küsnachter Künstlerehepaar Vroni und Gérard Hubatka zeigt in einer temporären Galerie vis-à-vis vom Bahnhof seine Bilder, Collagen und Bronzeplastiken. Im Interview erlauben sie faszinierende Vergleiche und Einblicke in ihr Leben und Schaffen.
Frau Hubatka, wann wurde Ihnen klar, dass Ihr Mann Gérard Hubatka ein Künstler ist?
Vroni Hubatka: Bereits als ich meinen Mann als Arzt kennen lernte und später in seiner Praxis mitarbeitete, erkannte ich seinen Sinn für Ästhetik, seine Kunstfertigkeit und seinen speziellen Umgang mit den Patienten. Als ich ihn später im Atelier des Kunstmalers Hermann Hofmann beobachten konnte, der meinem Mann als einzigem Schüler ermöglichte, bei ihm zu malen, wurde mir bewusst, dass da zwei Künstler die gleiche Sprache sprechen.
Gérard Hubatka, wann wurde Ihnen klar, dass Vroni Hubatka eine Künstlerin ist?
Gérard Hubatka: Die Erkenntnis, welche Begabung meine Frau hat, wuchs graduell und geschah über die Farben. Sie hat ein ausgesprochenes Farbtalent, sieht jede Nuance und versteht, welche Farben zusammenpassen, damit das gewünschte Resultat erreicht wird. Ich befolge viele ihrer Ratschläge.
Vroni Hubatka: Ich habe eine Form in Ton modelliert, an der ich sehr lange gearbeitet hatte. Ohne mich einzuweihen, liess mein Mann diese Form in Bronze giessen und schenkte sie mir. Das war einer der Momente, in denen ich mich von ihm als Künstlerin anerkannt fühlte. Die Bronzeplastik heisst «Harmonie» und symbolisiert auch unsere Beziehung.
Worin unterscheiden Sie sich künstlerisch?
Gérard Hubatka: Wir unterscheiden uns vor allem durch die Art und Weise, wie wir ein Werk beginnen. Meine Frau hat schon ein relativ klares Bild vor Augen, wenn sie mit ihrer Arbeit beginnt. Sie benötigt sehr feine Materialien und eher kleine Formate. Ich hingegen wähle zuerst das Bildformat, bestimme die Farben und male, bis ich zufrieden bin. Wenn ich denke, dass ein Bild bald fertig ist, stelle ich es im Wohnzimmer auf und warte auf den Kommentar meiner Frau.
Vroni Hubatka: Wir haben ein Atelier mit zwei Arbeitsplätzen. Bei meinem Mann herrscht ein ziemliches Chaos, bei mir muss alles schön geordnet sein. Das spiegelt sich auch in unserer Arbeitsweise und in unseren Bildern wieder. Eine Idee muss lange in mir reifen, bis ich sie umsetzen kann. Ich arbeite genau und überlegt. Mein Mann malt hingegen sehr spontan und lustvoll.
Geben Sie sich gegenseitig Feedback während des Prozesses der Gestaltung?
Vroni Hubatka: Auf jeden Fall, schonungslos, aber respektvoll.
Gérard Hubatka: Ich kann bei meiner Frau selten etwas Grundsätzliches kritisieren. Ich bewundere die Vielseitigkeit und die Ausführung ihrer Werke.
Welche Erfahrung wünschen Sie sich, soll der Betrachter Ihrer Kunstwerke machen?
Gérard Hubatka: Ich möchte, dass der Betrachter fasziniert ist von meinem Bild. Es soll Emotionen auslösen und positiv stimmen. Ästhetik spielt in meinem Leben eine grosse Rolle, auch das möchte ich vermitteln. Meine Bilder erklären sich von selbst, brauchen weder Titel noch langatmige Erklärungen. Im Gegensatz zu dem, was man heute in der modernen Kunst oft erlebt. Es erfüllt mich mit Stolz, wenn jemand auch nach Jahren noch die gleiche Freude an meinem Bild hat.
Vroni Hubatka: Ich möchte Interesse wecken für Formen, Farben und Materialien. Wir müssen uns nicht zum Weltgeschehen äussern, sondern dürfen vor allem kreativ tätig sein. Ich freue mich, wenn ich den Betrachter mit meiner Kunst ansprechen kann.
Wessen Idee war es denn eigentlich, zusammen auszustellen und als Künstlerpaar aufzutreten?
Gérard Hubatka: Das hat sich natürlicherweise so ergeben, weil Galeristen neugierig wurden, dass wir beide malen.
Vroni Hubatka: Allerdings haben wir mehr Einzelausstellungen gemacht. Wir sind nicht immer zum gleichen Zeitpunkt parat.
Wie sieht ihr Künstleralltag aus?
Gérard Hubatka: Wenn es die Zeit zulässt, male ich jeden Tag in meinem Atelier, manchmal den ganzen Tag und auch noch abends. Malen ist meine Leidenschaft. Ich muss malen. Es gibt mir ein Gefühl von Freiheit und Glück, wenn ich loslassen und experimentieren kann.
Vroni Hubatka: Während der Corona-Pandemie erlebten wir einen regelrechten Schaffens- und Kreativitätsschub. Stundenlang standen wir im Atelier, jeder arbeitete für sich, wir redeten kaum miteinander, aber wir verspürten die Verbundenheit durch das kreative Schaffen.
Gérard Hubatka: Die Kunst und das Kunstschaffen waren und sind auch heute noch eine Bereicherung für unsere Beziehung. Wir harmonieren sehr gut miteinander, auch im Alltag.
Wenn Sie auf Ihren Weg als Künstler zurückblicken – auf die Anfänge, die Meilensteine, Durststrecken und Triumphe – welche Ihrer Eigenschaften würden Sie als Schlüssel zu Ihrem Erfolg betrachten?
Gérard Hubatka: Durchhaltevermögen! Zusammen mit der Freude an dem, was man macht, vor allem, wenn etwas gelingt. Es sind auch schon Leinwände durch die Luft geflogen, wenn mir etwas nicht gelingen wollte – aber ich gab nie auf.Vroni Hubatka: Das innere Feuer, das auch dann lodert, wenn man eine Schaffenskrise hat. Ich hatte schon schlaflose Nächte, wenn mir etwas nicht gelang und ich mich blockiert fühlte. Doch die Krisen gehören dazu. Ich kann immer darauf vertrauen, dass ich das wieder finde, was ich brauche, um weiterzumachen. Die Kreativität kommt immer wieder zurück.
Ausstellung: «Gérard Hubatka und Vroni Hubatka», Bahnhofstrasse 2, 8700 Küsnacht, bis 1. April 2022, jeweils montagsbis samstags von 14 Uhr bis 17 Uhr. Telefon 079 418 58 58
Persönliches zum Künstlerehepaar
Gérard Hubatka, 1941, von Flawil, Spezialarzt für plastische und wiederherstellende Chirurgie, machte nach seiner Pensionierung 2003 die Kunstmalerei zu seinem zweiten Beruf. Bereits zuvor hatte er sich autodidaktisch weitergebildet und verschiedene Malschulen und Kurse an der Kunstgewerbeschule in Zürich besucht.
Vroni Hubatka, 1945, von Winterthur, führte mit ihrem Mann gemeinsam eine Praxis für plastische und wiederherstellende Chirurgie in Zollikon. Die Anfänge der Malerei gehen auf ihre Erfahrungen und Eindrücke im Kinderdorf Pestalozzi in Trogen zurück. In verschiedenen Kursen an der Kunstgewerbeschule Zürich bildete sie sich weiter. Sie ist Mutter von zwei Kindern. Gérard und Vroni Hubatka leben seit mehr als dreissig Jahren in Küsnacht.