Vor 100 Jahren befiel die Spanische Grippe Europa. Ein Gedicht aus damaliger Zeit passt heute noch.
Langwiiligi Zitte (22. Juni, 1920)
Niene isch Chilbi u niene isch Tanz / deheime ums Hus um versuret me ganz. / I ha mer scho mängisch der Chopf fasch verheit / was ächt no wär z’mache, dass Zyt umegeit.
Wär gwanet isch z’gumpe und z’tanze, o je / däm düe halt die Süche-Verordnige weh. / E jede muess säge, churzwiligs isch’s nit / No bsunders für ledigi, lustigi Lüt.
Grad äbe der Sunndig wird eim eso läng / s’furtgoh isch verbote, u nämlech no sträng. / Gsiech eim deno öpper, o weisch de häts gfählt / do müesst me schwär buesse – u ni ha kes Gäld!
Drum blieb i doheime. I schicke mi dry / u hoffe dä Jammer gang
öppe verby. / I bi ja nid einzig, s’trifft andero o, / s’isch ume es gwane, – Mi zahmet de scho!
Zur Zeit kann sich wohl jeder mit dem lyrischen Ich, der Erzählstimme dieses Gedichts, identifizieren. Versetzt man sich aber in die Situation von vor hundert Jahren, wiegen die Worte dieses Gedichts schwerer. Denn die Langeweile dürfte extremer gewesen sein, ohne die technischen Hilfsmittel, die heute einem zur Verfügung stehen. Wer seine Freunde treffen wollte, konnte nicht so schnell Facetime anmachen.
Dafür blieb umso mehr Zeit zum Nachdenken. So auch bei der Autorin oder beim Autor dieses Gedichts, der die freie Zeit zum Kreativsein nutzte und diesen Text verfasste. Wer diese Person war, ist nicht bekannt. An die Oberfläche gekommen ist das Gedicht dank der Luzernerin Hildegard Meier-Schöpfer. Sie fand es beim Aufräumen in den Unterlagen ihrer Mutter.
Die Zeitung «Willisauer Bote» hat von Meier-Schöpfer ein Bild des gefundenen Gedichts eingeschickt bekommen und publiziert. Angeschrieben ist es mit dem Namen Lina Wisler-Beck, der Mutter von Meier-Schöpfer. Sie sei sicher nicht die Autorin des Gedichts. Ihre Mutter habe es von irgendjemandem mal bekommen, so Meier-Schöpfer. Zu jung sei sie gewesen, um sich daran genau zu erinnern. (Dennis Baumann)