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«Machen wir das Beste aus der Situation»

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Den Lockdown hat Stephan Winiger innovativ überbrückt: mit Hauslieferung, Postversand und Abholstation. Jetzt ist die Buchhandlung Wolf wieder offen, und zu den treuen Kunden sind auch neue dazugekommen.

Stephan Winiger ist guter Dinge. Der Küsnachter ist offensichtlich Optimist geblieben in der Krise. Zwar hat auch die Buchhandlung Wolf während des Lockdowns an Umsatz eingebüsst, aber Winiger klagt nicht. Es ist Samstag, ein Kunde holt gerade sein bestelltes Buch ab und bemerkt: «Habe gehört, Sie haben die Zeit nicht schlecht überstanden.»

Als die komplette Schliessung bekannt gegeben wurde, habe er Böses geahnt. Doch gleichzeitig, wie er sagt, war sein Credo: «Machen wir das Beste daraus.» Inhaber Winiger startete mit seinem Team umgehend einen Gratishauslieferdienst in den umliegenden Gemeinden. Mit dem Postversand hätten sie alle Hände voll zu tun gehabt, und die Kunden konnten bei der Abholstation beim Ladenlokal die bestellten Bücher mit Rechnung abholen. Ein Vorteil ist, dass die Buchhandlung etwas versteckt liegt, ein Buch sei nie gestohlen worden.

Spricht Stephan Winiger über die vergangenen Wochen, ist spürbar, wie dankbar er seinen Kunden für ihre Treue ist. «Viel Goodwill haben wir von der Bevölkerung erfahren.» In diesen extremen Zeiten seien auch neue Kunden dazugekommen. Er hofft, sie bleiben. Das sagt er mit einem Lächeln.

Ideale Raumverhältnisse

Am ersten Tag nach der Corona-Öffnung hätten sich vor allem die eingefleischten Kunden wieder in den Laden getraut. Das Ladenlokal bietet viel Raum, um zu stöbern und sich zu verweilen. Die Abstände können problemlos eingehalten werden. Nein, erklärt Winiger, investiert habe er nicht für die Neueröffnung, einzig in Hygienemassnahmen, die natürlich vorschriftsgemäss eingehalten würden. Eigentlich dürfen sich von den Platzverhältnissen her 19 Personen im Geschäft aufhalten. «Aber wir beschränken uns auf 12 Kunden. In hellen Scharen kommen die Leute ja nicht.» Das Angebot ist breit aufgestellt, und die Nachfrage sei konstant.

So geräumig das Ladenlokal ist, Lesungen sind bis auf weiteres abgesagt. Auch die amerikanische Schriftstellerin Delia Owens kann nicht wie geplant ihre Lesereise antreten. Das betrifft sehr direkt auch die Buchhandlung Wolf.

Buchhändlerin Flurina Giezendanner hat für Wolf mit dem Bestseller der Autorin «Der Gesang der Flusskrebse» den Wettbewerb «Lieblingsbuch des Deutschschweizer Buchhandels» gewonnen. Nicht nur hat sie den Titel vorgeschlagen, sondern prompt auch beim Voting gewonnen. Als Gewinnerin des Wettbewerbs hätte sie eine Lesung der Autorin in der Küsnachter Buchhandlung durchführen können. Zu hoffen ist, dass es irgendwann nachgeholt werden kann. Ein wunderbares Buch sei es, versichert Winiger. Auf die Meinung seines Teams könne er immer gehen.

Bücher sind nicht ansteckend

Zieht Geschäftsführer Winiger Bilanz über die acht Wochen der Schliessung, verzeichnet er einen Verlust von gut einem Sechstel seiner üblichen Einnahmen. Winiger wird den Service von Versänden und Hauslieferungen auch weiter anbieten, aber nichts könne den direkten Kundenkontakt ersetzen.
Und für Kunden bedeutet es wieder Schmökern in Neuerscheinungen und ein Schwatz mit den belesenen Buchhändlern vor Ort. Und eins ist bestätigt worden: Der direkte Kontakt mit Büchern ist unbedenklich. (Elsbeth Stucky)