Wir werden im Internet minutiös erfasst, vermessen und eingeordnet. Die negativen Folgen sind real. Hat man genügend personenbezogene Daten, ist Identitätsdiebstahl möglich. Zudem kann man mit sensiblen Personendaten gezielt Personen – auch automatisiert – erpressen. Wie der Cambridge-Analytica-Skandal, wo Facebook-Daten abgeflossen sind (siehe unten), gezeigt hat, sind Personenprofile auch staatspolitisch brisant: Es können gezielt Nachrichten im Internet gestreut werden, die den Diskurs oder sogar Wahlen beeinflussen.
Auch zeigen parlamentarische Berichte zur NSA-Affäre und die Autobiografie «Permanent Record» des Whistleblowers Edward Snowden, der die Massenüberwachung der US-Geheimdienste aufgedeckt hatte, deutliche Belege dafür, wie Behörden und Unternehmen ausspioniert werden. Für die Schweiz sei die Dokumentation «Die Schweiz in geheimer Mission» des Schweizer Fernsehens empfohlen, welche zeigt, wie abhängig wir von den USA sind. Was also tun? Ein Ansatz ist, Datenverknappung herbeizuführen, und zwar mit einem «Gegengift» zur Massenüberwachung: Massenverschlüsselung. Die Dienste sind so aufzubauen, dass jede Kommunikation automatisch ohne Zutun der BenutzerInnen abgesichert wird. Um die Sicherheit und das Vertrauen zu wahren, muss der Quellcode – das «Rezept» – der Programme verfügbar sein (sogenannte Open-Source-Software). Das war bei den Produkten der in die Schlagzeilen geratenen Crypto AG aus Zug nie der Fall, sodass diese einfacher verwanzt werden konnten.
In der Schweiz wird an Projekten gearbeitet, an denen ich selber direkt oder unterstützend mitwirke, die automatisch Privatsphäre und Sicherheit herstellen. Mit Taler (unter taler.net) soll ein elektronisches Bezahlsystem mit Privatsphäre, wie bei Bargeld, geschaffen werden. Bei «pretty Easy privacy» beziehungsweise «pEp» (pep.security) können E-Mails oder auch Finanztransaktionen bei Banken vollautomatisch und ohne zentrale Plattforminfrastruktur verschlüsselt werden, während «GNUnet» (gnunet.org) ein dezentrales Internet vorsieht – mit durchgehender Verschlüsselung.
Wer sich interessiert und mitmachen will, kann sich gerne bei mir melden (Kontaktmöglichkeiten online auf vecirex.net).
Hernâni Marques, Chaos Computer Club Schweiz
Cambridge-Analytica-Skandal
Cambridge Analytica war ein Datenanalyse-Unternehmen. Die Firma soll sich im US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 eingemischt haben. Die Daten holte sich Cambridge Analytica etwa bei Facebook. Ein Entwickler einer Umfrage-App hatte Daten von Facebook-Nutzern – inklusive ihren Freunden auf der Social-Media-Plattform – unrechtmässig an Cambridge Analytica weitergegeben. Der Skandal hatte rechtliche Konsequenzen für Facebook. (pw.)
Der öffentliche Treff für Interessierte des Chaos Computer Clubs Zürich findet unter Corona-Auflagen wieder statt, immer mittwochs ab 19 Uhr. Neue Hard 12, Zürich. Infos: www.ccczh.ch