Erlenbach sagt «Ja» zum Architekturwettbewerb für ein neues Gemeindezentrum mit Restaurant- und Hotelbetrieb. Dies haben die Stimmbürger am Montag im Rahmen einer Gemeindeversammlung beschlossen, die in vielerlei Hinsicht aussergewöhnlich war.
Der Himmel über dem Zürichsee verdunkelte sich bereits. Belichtet wird die vollbestuhlte Schifflände in Erlenbach von einer Handvoll Fackeln, die am Rand des kürzlich neu gestalteten Platzes in Richtung Bach angebracht sind – und für eine fast schon romantische Stimmung sorgen. Der weitere Verlauf der Erlenbacher Gemeindeversammlung am Montagabend war dann weniger von romantischen Gefühlen als von hitzigen Diskussionen geprägt.
400 000 Franken bewilligt
Die Diskussionen drehten sich ausschliesslich um das dritte Traktandum: Den Kreditantrag in der Höhe von 400 000 Franken für einen Architekturwettbewerb zum «Erlibacherhof». Der Gemeinderat plant, ein neues Gemeindezentrum zu errichten – inklusive Saal, Restaurant und Hotel (der «Küsnachter» berichtete). Die erste Hürde hat dieses Projekt nun geschafft. Mit 112 zu 81 Stimmen haben die insgesamt 201 anwesenden Stimmbürger den Antrag bewilligt.
Dies, obwohl die Rechnungsprüfungskommission (RPK) den Antrag zur Ablehnung empfahl. «Es braucht einen Investor, der von Beginn weg ins Projekt eingebunden wird», beteuerte RPK-Vertreterin Erika Brandenberger Mathys auch am Montagabend noch einmal. Ein Stimmbürger, der das offenbar ähnlich sieht, stellte sogar einen Rückweisungsantrag. Seine Begründung: «Die Architektur eines Gebäudes ist Sache des Bauherrn.» Dementsprechend mache ein Architekturwettbewerb wenig Sinn, solange noch kein Investor gefunden wurde. Ein weiterer Stimmbürger befürchtet, dass das Ja zum Architekturwettbewerb bereits ein Ja zum Hotelbetrieb sein könnte. «Die Gemeinde muss bei der Ausschreibung des Wettbewerbs ja festlegen, was sie überhaupt will», begründet er.
Gemeindepräsident Sascha Patak (FDP) widerspricht ihm: «Klar müssen wir gewisse Vorgaben machen, aber am Ende kann auch etwas anderes herauskommen.» Ausserdem dränge die Zeit für das Projekt, da man frühestens 2026 mit dem Umbau des in die Jahre gekommenen Gemeindesaals anfangen könnte. Eine sichtlich genervte Stimmbürgerin pflichtete ihm bei: «Es gab schon 2005 Überlegungen für eine Neugestaltung des ‹Erlibacherhofs› – ich würde also dringend empfehlen, dem Gemeinderat jetzt zu folgen.»
Viele ungewöhnliche Ereignisse
Begleitet wurde die Debatte gleich von mehreren Kuriositäten. So musste die Anzahl der Stimmberechtigten im Verlaufe der Abstimmungen dreimal nach oben korrigiert werden. Zudem wurde ein Änderungsantrag abgelehnt, der das Wort «Hotel» aus dem Abstimmungstext streichen wollte. «So grosse Änderungen sind nicht zulässig», erklärte Patak. Zu guter Letzt beschwerte sich dann noch ein Stimmbürger über die Gesprächsführung des Gemeindepräsidenten, der die kritischen Gegenstimmen jeweils direkt mit den Argumenten des Gemeinderats konterte. «Sie sollen als Gesprächsführer auftreten, nicht als Manipulator», fand der aufgebrachte Erlenbacher.
Die übrigen Traktanden sind am Montag fast schon zu einer Nebensache verkommen. Die Jahresrechnungen 2019 der Schulgemeinde Erlenbach-Herrliberg und der Politischen Gemeinde Erlenbach wurden einstimmig und diskussionslos genehmigt. Gleiches gilt für die Bauabrechnungen zur Wohnüberbauung Sandfelsen und zum Neubau der gemeinsamen Wertstoffsammelstelle mit Küsnacht.
Die Erfolgsrechnung der Politischen Gemeinde schliesst mit einem Ertragsüberschuss von rund 2,4 Millionen Franken. Finanzvorstand Jens Menzi merkt zudem an: «Die Gemeinde Erlenbach ist weiterhin schuldenfrei.»