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Reduzierte Schulbusfahrten sorgen für rote Köpfe

Erstellt von Karin Steiner |
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Die Küsnachter Schulverwaltung hat die Anzahl der Schulbusfahrten nach den Sommerferien drastisch gekürzt. Viele Eltern sind besorgt um die Sicherheit ihrer Kindergartenkinder und haben Einsprache erhoben.

Der Elternbrief, der vor einigen Wochen in die Briefkästen von Küsnachter Eltern flatterte, stiess auf grosses Unverständnis. Demnach werden nach den Sommerferien zahlreiche Schulbusfahrten gestrichen. Die Nutzung der Schultransporte habe in den vergangenen Jahren stark zugenommen und so auch die damit verbundenen Kosten, heisst es darin. Eine Analyse habe ergeben, dass teilweise Kinder in den Genuss eines Transports gelangten, die darauf keinen Anspruch hätten.

Betroffen sind unter anderem acht Kindergartenkinder aus dem Gebiet Schübelstrasse beim Schübelweiher. Ihr Schulweg führt über die steile Weinmanngasse zum rund 700 Meter entfernten Kindergarten. Die Eltern dieser Kinder sind erbost über den Entscheid und haben Einsprache bei der Schulverwaltung erhoben.

Gefährliche Quartierstrasse

Ihr Hauptargument: Die Weinmanngasse sei viel zu gefährlich für vier- bis fünfjährige Kinder. «Es ist zwar eine Quartierstrasse, die nur von Anwohnenden und Zubringern passierbar ist, aber es gibt zum Beispiel kein erhöhtes Trottoir», sagen sie. «Sobald zwei Autos kreuzen müssen, ist kein Platz mehr für Fussgängerinnen und Fussgänger, die Autos müssen über den eingezeichneten Fussweg ausweichen. So etwas ist für kleine Kinder sehr schwer einzuschätzen. Die Autos kommen von hinten, von vorn, es ist steil und die Übersicht ist schlecht.»

Hinzu kommt, dass auf der Weinmann­gasse stets Autos parkiert sind. Um ihnen auszuweichen, müssen die Fahrzeuge ebenfalls den Fussweg befahren. «Auch hat es überall Ausfahren aus den privaten Parkplätzen und Garagen der Häuser», sagen die betroffenen Eltern, die nicht mit Namen genannt werden möchten. «Die Kinder, die in diesem Alter noch sehr klein sind, sehen die Fahrzeuge nicht um die Ecken und hören sie oft auch nicht, weil sie mit fast geräuschlosen Elektromotoren fahren.» Doch nicht genug der Schwierigkeiten – weil Velos und Motorräder nicht auf der gepflasterten Strasse fahren können, weichen auch sie auf den geteerten Gehweg aus.

Auch die Breite des Fussgängerwegs ist mit knapp einem Meter sehr schmal. Wenn die Kinder nebeneinander laufen, wird es bereits schwierig. Die Kommunikation ist dadurch erschwert, und dabei ist es genau das, was die Küsnachter Schulverwaltung mit der Streichung der Schulbusse fördern möchte. «Bei dem Entscheid waren pädagogische Aspekte wichtig», so Küsnachts Schulpräsident Klemens Empting. «Der selbstständig zurückgelegte Schulweg ist aus pädagogischer Sicht ein wichtiger Teil in der Entwicklung eines Kindes. Es ist ein Moment, der für einmal nicht unter der Kontrolle von Erwachsenen ist. Das ist anfangs schwierig für die Erziehungsberechtigten. Doch das macht auch starke und selbstbewusste Kinder.»

«Es ist nicht so, dass Kinder, die mit dem Schulbus fahren, keine Selbstständigkeit üben und keine sozialen Kontakte knüpfen können. Im Gegenteil – sie sind alleine zum Schulbus gelaufen und hatten im Bus viel Gelegenheit, andere Kinder ausserhalb der Schule kennenzulernen», sagen die betroffenen Eltern. Doch jetzt ist Elterntaxi angesagt, etwas, was ihnen grundsätzlich widerstrebt.

Länge und Gefährlichkeit geprüft

Die Länge und die Gefährlichkeit des Schulwegs hätten bei der Entscheidung der Streichung der Transporte eine entscheidende Rolle gespielt. «Hier haben wir uns an den Gesetzen und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Zürich sowie an unserem Reglement orientiert», so Empting. Die Wege seien vom Verkehrsinstruktor der Kantonspolizei Zürich auf ihre Gefährlichkeit hin überprüft worden. Dieser habe den Schulweg für die Kinder aus dem Schübelquartier zum Kindergarten Weinmanngasse von der Gefährlichkeit her als zumutbar befunden. «Tatsächlich bewältigten die Kinder aus diesem Quartier diesen Schulweg in früheren Jahren immer zu Fuss. Da gab es nie Probleme. Bei der Weinmanngasse handelt es sich um eine Quartierstrasse, auf der Tempo 30 gilt. Zudem besteht ein Fahrverbot für den Durchgangsverkehr, welches mit einer Kamera überwacht wird. Das Verkehrsaufkommen ist daher nicht gross. Auch ist die Strasse sehr übersichtlich.»

Selbstständigkeit fördern

«Wir Eltern sind absolut dafür, dass die Kinder in ihrer Selbstständigkeit gefördert werden», betonen die Eltern. «Sie ­sollen so bald wie möglich ihren Schulweg alleine bewältigen können. Aber die Weinmanngasse ist einfach zu gefährlich für kleine Schulanfänger. Sie sind mit der Situation völlig überfordert. Es geht nicht darum, dass sie zu Fuss gehen müssen, es geht einzig und alleine um ihre Sicherheit.»

Was die Länge des Weges betrifft, vertritt die Küsnachter Schulverwaltung ebenso wie auch der Verkehrsinstruktor die Ansicht, dass der Weg vom Schübelquartier in den Kindergarten Weinmanngasse für Kindergartenkinder objektiv gesehen zumutbar ist. «Die Verantwortung für den Schulweg liegt somit bei den Eltern und die Schule kann keinen Transport gewähren. Die Verantwortung für einen Schulweg liegt grundsätzlich bei den Eltern», so Klemens Empting. Bis zu den Sommerferien konnten die Kinder aus dem Gebiet Schübelstrasse den Schulbus nutzen. Der Grund: «Temporär wurde ein Transport eingerichtet, als der Kin­dergarten Weinmanngasse infolge eines Brands saniert werden musste», erklärt Klemens Empting. «Der Kindergarten wurde in das Schulhaus Dorf verlegt und die Kinder mussten einen viel weiteren Schulweg zurücklegen. Die Schulverwaltung hatte richtigerweise entschieden, dass ein solcher Weg für Kindergartenkinder nicht mehr zumutbar ist.»

Entscheid wird weitergezogen

Dass bei dem Entscheid, die Schulbusse zu streichen, auch finanzielle Überlegungen eine Rolle gespielt haben, bestätigt Klemens Empting. «Die Bustransporte werden mit Steuergeldern bezahlt, weshalb wir gehalten sind, mit den Geldern sorgsam umzugehen und nur Transporte zu genehmigen, die im Rahmen der Gesetze erforderlich sind.»

Auf die Einsprache, welche die betroffenen Eltern bei der Schulverwaltung erhoben haben, gab es deshalb einen negativen Bescheid. So haben die Eltern einen Rekurs beim Bezirksgericht Meilen eingelegt. Dieses hat den Antrag gut geheissen und die aufschiebende Wirkung entzogen, sodass der Schulbus bis zum endgültigen Entscheid die Kinder fahren muss. «Allerding nimmt der Bus seit Montag nur die Kinder der Rekurrenten mit – drei Kinder sind von dem Service ausgeschlossen», bedauern die Eltern.