Vor 150 Jahren wurde der Küsnachter Senioren-Verein gegründet. Zum Jubiläum hat Präsident Hans-Ulrich Kull eine Broschüre verfasst. Ein Zeitzeugnis – anschaulich, interessant und amüsant zugleich.
Historisch nicht verbürgt und doch erwiesen: Der heutige Küsnachter Senioren-Verein wurde vor 150 Jahren gegründet. Er ist einer der ältesten, aktivsten Vereine in Küsnacht überhaupt. Die Anfänge des ursprünglichen «Alt-Männer-Vereins Küsnacht und Umgebung» bleiben zwar im Dunkeln: Das erste Protokollbuch ist verbrannt.
Dem einstigen Ziel ist der Verein treu geblieben, nämlich Frauen und Männer im Rentenalter kameradschaftlich zusammenzubringen. Zum Beispiel bei Veranstaltungen, auf Ausflügen oder bei der gemeinsamen Feier des Jahresabschlusses. «All das kam eindeutig seit zwei Jahren pandemiebedingt zu kurz», meint Präsident Hans-Ulrich Kull im Gespräch, das war noch kurz vor der Aufhebung aller Corona-Massnahmen. «Ältere Menschen sind einsam geworden.» Zum Jubiläum hat der 82-Jährige Küsnachter mehr als vier Jahre über die lange Vergangenheit des Vereins recherchiert. Er hat in Archiven gegraben, Protokolle und Rechnungsbücher durchforstet. Nun ist das Werk vollendet, und die 50-seitige Broschüre stapelt sich druckfrisch auf seinem Salontisch. Auch wenn der Autor mit gerechtem Stolz auf sein Werk blicken darf, winkt er bescheiden ab. «Bitte heben Sie mich nicht so hervor.»
Jede Zeit ist interessant
Der jeweiligen Zeit unterworfen, wandelte sich der Verein stetig. Die Jubiläumsbroschüre gibt interessante Einblicke in die Vergangenheit des Vereins. So wurde auf Vereinsausflügen jede Ecke der Deutschschweiz erkundet. Im Jahre 1926 passierte es einem Teilnehmer, dass er das Ziel verfehlte: Er landete in Strassburg anstatt an der Mustermesse in Basel.
Der direkte Vergleich der Zeitbilder zeigt auch, wie Küsnacht sich verändert hat und wie die Menschen anders dahergekommen sind. Auf die Frage, welche Zeit er gerne miterlebt hätte, zögert der einstige Oberst: «Jede Zeit hat interessante Aspekte, vielleicht die Kriegszeiten.» Den Zweiten Weltkrieg habe er aber als Bub am Rande erlebt. «Nahte ein Flugzeug, warfen wir uns in den Strassengraben.»Für den ursprünglichen Verein wurden Männer ab 55 Jahren aus Küsnacht gesucht. Aus Protokollauszügen ist ersichtlich, dass man sich lange schwertat, auch Frauen aufzunehmen. Eine Ausnahme war Afra Güntert. Sie protokollierte bravourös, gerne auch in Gedichtform. Dafür erntete sie das Lob der Männer und einen Früchtekorb dazu. Heute sind die Frauen in der Überzahl.
«Goldbächler» durch und durch
Hans-Ulrich Kull ist ein angenehmer Gesprächspartner mit klarem Blick und Sinn für Kurioses. Und er kann so manche Anekdote aus der Jubiläumsschrift zitieren. So wurde 1956 Gemeindepräsident Eduard Guggenbühl als neues Mitglied abgelehnt. Der Grund war: Im Verein war man per Du, und das sei unzumutbar für einen Gemeindepräsidenten. Angesprochen auf sein Engagement, erklärt der Autor, dass er seit Geburt ein «Goldbächler» sei, was für ihn ein Privileg ist. Ohne Vater zwar aufgewachsen, ist er in Küsnacht zur Schule gegangen und hat hier 34 Jahre lang als Arzt eine Praxis geführt. «Da kennt man alle und jeden.» Als Schichtarzt arbeitete er immer noch einige Tage die Woche im Impfzentrum Meilen und auch in Oerlikon.
Jubiläumsschrift dank Sponsoren
Auch wenn sich ein Verein ideellen Zwecken verschreibt, ist Geld trotzdem ein Thema, und Sponsoren sind gefragt. Ohne sie, sagt Kull, wäre auch die Jubiläumsschrift nicht zustande gekommen. Mit welchen Kosten der Küsnachter Senioren-Verein einst im Jahre 1964 konfrontiert war, zeigt die Weisung an die Mitglieder anlässlich der GV: Werbung für neue Mitglieder sollte vermieden werden, die zahlreichen Todesfälle von Mitgliedern gingen ins Geld. Der Aufruf kam aufgrund steigender Kosten für die Kränze von Dahingeschiedenen.
«Heute sind alle willkommen», sagt Hans-Ulrich Kull. Er ist im siebten Jahr Präsident, und es wird sein letztes sein. Gerade diese Woche ist seine Nachfolgerin Silvia Möckli gewählt worden, Amtsübergabe ist am 30.Juni. Mit 175 Mitgliedern ist der Verein erfreulich gut aufgestellt. «Aber», weiss Kull, «heute treten Seniorinnen und Senioren erst mit 75 oder 80 Jahren bei». Einen Höhepunkt für Kull als Präsident gibt es noch: die Jubliäumsfeier am 2. April im reformierten Kirchgemeindehaus. Feiern werden die Mitglieder des Vereins im Beisein von Sponsoren und Vertretern von Behörden und Kirchen.