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Sie hat eine Leidenschaft für Kultur

Erstellt von Isabella Seemann |
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Mitten in der Coronakrise, als Kultur kaum möglich war, übernahm Esther Haltiner das Präsidium der Kulturellen Vereinigung Küsnacht. Doch sie liess den Kopf nicht hängen und plant positiv gestimmt die Zukunft des Vereins. 

Der erste Blick von Esther Haltiner geht zu den zeitgenössischen Gemälden an der Wand. Mit den Kunstwerken verströmt die Lobby des Romantik-Seehotels Sonne ein Ambiente, das ganz ihrem Gusto entspricht. Wo man Kunst und Kultur pflegt, da lässt sie sich gerne nieder. Dass Esther Haltiner im Juni 2021 das Präsidium der Kulturellen Vereinigung Küsnacht (KVK) übernahm, ist quasi eine natürliche Folge ihrer Leidenschaft für Kultur und Liebe zu Küsnacht. Dabei geht für sie Kultur weit über Literatur, Musik, Kunst hinaus. «Das Erlebnis und die Bedeutung von Kultur ist doch auch etwas sehr Persönliches», sagt sie mit ihrer warmen, mal leisen, mal beschwörenden Stimme. Was Kultur für einen selbst bedeutet, werde ­einem häufig erst bewusst, wenn man sich in einer anderen Kultur zurechtfinden müsse. Wenn man Menschen begegne, die eine andere Kultur leben. «Aus Gemeinschaft entsteht Kultur und aus Kultur entsteht Gemeinschaft», sinniert sie und erinnert sich dabei auch an ihre Reisen und Aufenthalte, insbesondere in Afrika, das sie oft besucht. 

«Gelungener Mix der Kulturen»

Ihre Ehe mit dem Urenkel des burundischen Königs Mutaga IV Mbikije und dem Grossneffen von Mwambutsa IV, welcher in der Schweiz beerdigt ist, bezeichnet sie denn auch als einen gelungenen Mix der Kulturen. «Vielleicht ist Kultur auch die Summe all der Dinge, über die man sich alltags häufig nicht so viele Gedanken macht: Wie wir uns grüssen, die Umgangsformen, das Essen, die Kleidung, die Musik, die Geschichten, die wir uns erzählen, wie wir Familie sehen und Freundschaft, aber auch Traditionen und Bräuche. Kultur hat einen verbindenden Charakter und prägt die Menschen, die in einer Gemeinschaft aufwachsen.»

Die am 19. März 1955 aus der Taufe gehobene Kulturelle Vereinigung Küsnacht, die zur «Bewahrung und Pflege der ­örtlichen Kultur und zur Sammlung erhaltenswürdiger Zeugnisse der lokalen Geschichte» gegründet wurde, ist heute vielfältig aufgestellt, was der vielseitig interessierten Präsidentin entgegenkommt. Die zeitgenössische Kunst wird gepflegt im Höchhuus an der Seestrasse 123, in deren Galerieräume wechselnde, von der Kommission organisierte Ausstellungen stattfinden. Reflexionen zur Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft Küsnachts finden im Ortsmuseum Küsnacht ihre Plattform. Die Ortsgeschichtliche Kommission, der Esther Haltiner selber seit sechs Jahren angehört, beschäftigt sich mit der Geschichte der Gemeinde. Und die Kulturnacht, ebenfalls ein Projekt der KVK, ­präsentiert die ganze bunte Palette des Küsnachter Kulturlebens: von Musik, Performances, bis zu Lesungen, Tanz und Filmaufführungen. «Apropos», schiebt Haltiner ein, «diese Filme der Kulturnacht on air vom vergangenen September lassen sich auch bequem zu Hause anschauen auf www.kulturnacht.info.» Ihre Aufgabe als Präsidentin der Kulturellen Vereinigung Küsnacht sieht Esther Haltiner vorwiegend darin, einen Zusammenhalt zu schaffen, die Mitglieder des siebenköpfigen Vorstands, dem sie selber seit 2017 angehört, sowie die Kommissionen zu einen. «Was allerdings ganz von alleine läuft», lacht sie erleichtert. «Ein tolles Team, welches ex­trem gut funktioniert, und jede Kommission arbeitet eigenständig.» Also werde sie sich, ihrem «konfliktscheuen Naturell» entsprechend, darum sorgen, dass es weiter­hin so harmonisch bleibt. Ihr Ziel: «Dass wir als lebendiger Verein wahrgenommen werden.» Das Historische zu pflegen, bedeute ja nicht, Verstaubtem nachzuhängen. «Wir spannen den Bogen vom Gestern zum Heute – und zum Morgen.» 

Positiv in die Zukunft

Während der Coronakrise ist Kultur nur auf Sparflamme möglich, der gesellschaftliche Teil kam bedeutend zu kurz, doch Esther Haltiner liess den Kopf nicht hängen und plante positiv gestimmt die Zukunft. In den letzten Monaten wurde die Homepage der KVK überarbeitet und neu gestaltet und die Datenbanken aktualisiert. Die GV und der Jahresausflug 2022 nach Basel werden gerade organisiert — «hoffentlich sind auch Apéros wieder möglich». Das Programm für die diesjährigen Ausstellungen im Höchhuus ist aufgestellt, ebenso die Ausstellung im Ortsmuseum und selbst die Planung für das 40-Jahr-Jubiläum des Ortsmuseums im 2023 läuft bereits auf Hochtouren. Über mangelndes Publikum kann sich die Kulturelle Vereinigung Küsnacht bei den zahlreichen Veranstaltungen nicht beklagen, doch ihre grösste Herausforderung sieht Esther Haltiner darin, den Mitgliederstamm zu vergrössern und neue freiwillige Helfer zu finden, die gerne mit anpacken. «Vielleicht bringt gerade die Coronakrise bei mehr Leuten die Erkenntnis hervor, wie wichtig Gemeinschaft ist, und mündet im Wunsch, sich für das Dorfleben zu engagieren.» Denn, so sagt die studierte Landschaftsarchitektin und zitiert Albert Schweitzer: «Kultur fällt nicht wie eine reife Frucht in den Schoss. Der Baum muss gewissenhaft gepflegt werden, wenn er Früchte tragen soll.»


Zur Person

Esther Haltiner, geboren 1964 und aufgewachsen in Erlenbach, ist Landschaftsarchitektin. Im Juni 2021 übernahm sie das Präsidium der Kulturellen Vereinigung Küsnacht, in dessen siebenköpfigen Vorstand sie seit 2017 Mitglied ist. Seit 2016 ist sie für die ortsgeschichtliche Kommission tätig. Sie lebt seit 21 Jahren in Küsnacht, im Quartier Heslibach, und ist verheiratet mit Alain Katagaruka, einem Grossneffen des burundischen Königs. Website: www.kulturelle-vereinigung-kuesnacht.ch