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Sie war eine Kämpferin gegen Rassismus

Erstellt von Lorenz Steinmann |
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Ellen Ringier war neben Tina Turner die bekannteste Küsnachterin. Die Verlegerin von «Fritz+Fränzi», die auch das Festival «Rock gegen Hass» mitgründete, starb mit erst 73 Jahren. Ellen Ringier galt als eine der herausragenden Mäzeninnen der Schweiz, wie es in einem Nachruf heisst.

Küsnacht, aber auch Zürich und die Schweiz verlieren mit dem Tod von Ellen Ringier eine wichtige Stimme im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus. Dabei war Ellen Ringier ein eigenständiges Leben immer wichtig. Im 520‑Seiten-Wälzer «Ringier bei den Leuten», der 2008 zum 175‑Jahr-Jubiläum des Ringier-Konzerns erschien, wurde Ellen Ringier lediglich in einer Fotolegende erwähnt. Ihr Ehemann und Verleger Michael Ringier hingegen kam über 100‑mal vor. Das ist typisch für die am 19. März verstorbene studierte Juristin mit Doktortitel. Sie trat selten als Ehefrau in Erscheinung, sondern trieb ihr ganzes Leben lang ihre eigenen Projekte voran.

Begegnung in Luzern

Kennengelernt hatten sich Ellen Ringier, geborene Lüthy, und ihr zukünftiger Gatte Michael Ringier an der Luzerner Fasnacht. Ellen war nach den Auftritten ihrer Gugge ein wenig müde und trank abseits des Trubels etwas in einer Beiz, wo auch Michael zugegen war.

Nach drei Jahren Partnerschaft wurde geheiratet. Die beiden Ringiers arbeiteten als «normale» Angestellte und lernten die Wirtschaftswelt kennen, bevor Michael Ringier 1985 in den Familienbetrieb einstieg und die Leitung von Vater Hans Ringier und zusammen mit Bruder Christoph übernahm.

Gründerin von «Fritz+Fränzi»

Die sehr humorvolle und lebensfrohe Persönlichkeit Ellen Ringier wiederum war 2001 Gründerin und Herausgeberin des Elternmagazins «Fritz+Fränzi». Mit Sidney Weil zusammen war sie zudem Initiantin des Festivals «Rock gegen Hass», mit dem sie sich für Aufklärung sowie gegen Rassismus und Antisemitismus einsetzte. Die gebürtige Luzernerin hinterlasse ein Vermächtnis, das weit über ihre Zeit hinausreichen werde, schrieb der Ringier-Verlag in einer Mitteilung. Sie habe sich mit ihrem Engagement unermüdlich für Familien und Bildung eingesetzt. So war sie unter anderem Verwaltungsrätin des Zürcher Schauspielhauses.

Ellen Ringier hatte laut dem berührenden Nachruf des Publizisten Karl Lüönd in der NZZ mit dem Ringier-Verlag ihres Mannes nichts zu tun, ausser «dass sie dort durch Beobachtung und kluge Umsetzung viel lernte, um ihre Lebensziele zu erreichen». Das wichtigste unter diesen Lebenszielen sei für sie gewesen, zum Ausgleich zwischen Reichtum und sozialem Gewissen beizutragen. Als Tätigkeitsfeld wählte sie die Förderung von Familien, die Elternbildung und eben die Gründung der Stiftung Elternsein und der Zeitschrift «Fritz+Fränzi».

Erziehungsfragen im Fokus

Ellen Ringiers Idee war laut Lüönd: Was in anderen Ländern Sache von Fami­lienministerien ist, wird in der Schweiz, wenn überhaupt, auf staatsunabhängiger Ebene geleistet: Beratung und Hilfe bei Erziehungsfragen, vom Umgang mit dem Armutsrisiko bis zu Suchtproblemen, Schulkonflikten oder dem kindergerechten Gebrauch des Smartphones. Und Ellen Ringier referierte und schrieb laut Lüönd nicht nur: Sie hatte zwei Töchter und war ihnen eine fürsorgliche, lustige Mutter.

Doch keine Millionenverluste

Mit gewisser Häme prophezeiten Experten Millionenverluste für «Fritz+Fränzi». Doch Ellen Ringier nutzte ihren Namen und ihr Beziehungsnetz und kämpfte ­gegen alle Widrigkeiten. Laut Lüönd, der selber einmal beim «Blick» aus dem Hause Ringier arbeitete, investierte Ellen Ringier den grössten Teil ihrer Lebenszeit für ihr Herzenswerk und tätigte wohl Hunderte von Anrufen, um Anzeigen einzuwerben. Während viele Leute glaubten, der mächtige Ringier-Verlag stehe hinter dem Unternehmen, widmete sie im Laufe der Jahre einen bedeutenden Teil ihres Erbvermögens ihrem Lebenswerk, ohne dass, von Einzelprojekten abgesehen, staatliche Förderung hinzukam.

In den letzten über 20 Jahren ist aus dem Pionierunternehmen ein professioneller Kleinverlag mit der bedeutsamsten und mehrfach preisgekrönten Elternzeitschrift geworden, welcher zusammen mit dem Produkt «Wir Eltern», ehemals vom CH-Media-Verlag und neuerdings von einem Kleinverlag herausgegeben, ein ideales Angebot für Eltern in der Deutschschweiz darstellt. Ellen Ringier starb am 19. März nach langer, schwerer Krankheit im Alter von erst 73 Jahren. Küsnacht verliert mit ihr eine sehr bekannte und pointiert auftretende Persönlichkeit.