Die Welt des internationalen Fussballs im Fifa-Museum zieht von Jahr zu Jahr mehr Publikum aus nah und fern an. Wer gezielt die spektakulärsten Exponate der Ausstellung kennenlernen will, nimmt am besten an einer Führung teil.
Als Herz des Museums gilt die Fifa World Cup Gallery – eine ausserordentlich reichhaltige Sammlung zur Entwicklung des internationalen Fussballs. Zwei hellblaue Holzsitze aus dem alten Wembley-Stadion gehören ebenso zu den Exponaten wie handschriftliche Schiedsrichter-Notizen und Spiellisten oder die ersten Bälle – Schweinsblasen mit Lederhaut – und die ersten Schuhe mit Schraubstollen.
Von gestohlenen Pokalen
Absolutes Prunkstück ist aber natürlich der originale Fifa-WM-Pokal. Nur Weltmeister und Staatsoberhäupter, so ist zu erfahren, dürfen die goldene Trophäe ohne Handschuhe anfassen. Ehrfürchtig halten die Teilnehmer einer Führung Abstand zu der Kostbarkeit im gläsernen Schrein. «Sie dürfen ruhig näher ran, es gibt nicht gleich Alarm», lacht die Führungsleiterin. Um dann zu erzählen, wie der Vorgänger der heutigen WM-Trophäe, der 1930 eingeführte Jules-Rimet-Pokal gleich zweimal gestohlen worden war. Im Fifa-Museum steht heute eine Replik der Statue, original ist nur noch der Sockel. Das gleiche Schicksal ereilte den WM-Pokal der Frauen: Er verschwand nach der WM von 1995 in Oslo und musste neu geschaffen werden. Die beiden Original-Trophäen werden mittlerweile von der Fifa gehütet. Zuerst befanden sie sich in einem Zürcher Banktresor, seit 2016 sind sie im Fifa-Museum in der Enge. Nur während der Endrundenspiele bleiben hier die Vitrinen leer.
Von Spielregeln und Frauenpower
Weitere Highlights der Ausstellung: «The Rainbow» und «The Timeline». Erstere versammelt in einer raumgreifenden Glasvitrine die Nationaltrikots aller 211 Fifa-Mitgliedverbände. Letztere präsentiert in Text und Bild die historischen Höhepunkte des Fussballs – ob Jubel oder Trauma – und die Geschichte der Fifa, die seit 1904 das Spiel und seine Regeln stetig weiterentwickelte. Unter den Bildern zur ersten Fifa-WM der Frauen 1991 etwa ist die neue Abseitsregel dokumentiert. Gewürdigt werden übrigens auch die ersten inoffiziellen Fussball-Weltmeisterschaften der Frauen in Italien (1970) und Mexiko (1971), die damals fast mehr Publikum mobilisierten als die Spiele der Männer.
Spannendes erfährt man ebenso über die Besonderheiten grosser WM-Equipen. Auf dem Panel von Uruguay etwa ist die bizarre Geschichte rund um den WM-Final gegen Argentinien von 1930 dokumentiert. Die erbitterten Rivalen kämpften damals mit je einem uruguayischen und einem argentinischen Ball, und auf Wunsch des belgischen Schiedsrichters herrschte im Stadion ein Waffentragverbot. 1600 Revolver wurden vor Spielbeginn eingesammelt.
Von der Kuh des Schiedsrichters
Zu den Attraktionen gehört neben der Galaxie der handgemachten Fussbälle aus aller Welt und dem interaktiven Spielparadies natürlich «The Cinema»: Acht Minuten lang lassen sich hier auf einem atemberaubenden 180-Grad-Panorama grossartige WM-Szenen nacherleben.
Unbedingt zu empfehlen ist aber auch ein Halt vor den charmanten Videodokumentationen über Fussballbegeisterung ausserhalb der grossen Stadien. Etwa jene über den brasilianischen Anwalt und angefressenen Fussballfan, der nach dem WM-Sieg der Seleção 2002 sein Leben fortan ganz in Grün und Gelb gestaltete – von der Kleidung über das Essen bis zum Auto. Oder jenes über die Fussballbegeisterung auf den englischen Scilly-Inseln, wo zwei Teams jährlich um die kleinste Fussballtrophäe der Welt kämpfen, und wo auch schon mal ein Finalspiel unterbrochen werden musste, weil die Kuh des Schiedsrichters weggelaufen war. (Lisa Maire)
Fifa World Football Museum, Seestrasse 27 (beim Bahnhof Enge), geöffnet Di–So, 10–18 Uhr. Öffentliche Führungen sonntags 11–12 Uhr. www.fifamuseum.com