Lehrstellen bleiben unbesetzt, während immer mehr Jugendliche das Handwerk meiden. Beim Gewerbelunchin Küsnacht wurde diskutiert, wie die Berufslehre wieder attraktiver werden kann.
Ohne Nachwuchs keine Zukunft – mit diesen Worten eröffnete Küsnachts Gemeindepräsident Markus Ernst den Gewerbelunch in der Aula der Tempus-Schule. Wie kann das Gewerbe junge Menschen besser für eine Lehrstelle erreichen? Antworten darauf suchten die Teilnehmenden einer Podiumsdiskussion moderiert von Sibylle Saxer, Leiterin der Regionalredaktion der «Zürichsee-Zeitung». Sie nannte zwei zentrale Herausforderungen: den Fachkräftemangel und viele Jugendliche, die trotz offener Lehrstellen keine finden.
Thomas Hess, Geschäftsleiter KMU- und Gewerbeverband Kanton Zürich, sieht das Problem bei der Wahl der Lehrstelle. «Viele Jugendliche zieht es immer noch ins Büro, obwohl die künstliche Intelligenz den Arbeitsmarkt verändert.» Viel wichtiger sei die Frage, welche Berufe in Zukunft gefragt sind. «Man muss sich gut überlegen: Welche Jobs gibt es in zehn Jahren noch?»
Barbara Leutenegger, Rektorin des Schulhauses Tempus, sieht den Rückgang der Lehrlinge in den steigenden Ansprüchen der Eltern. «Vor allem in Küsnacht wünschen sich viele Eltern für ihre Kinder lieber eine akademische Laufbahn oder einen nichthandwerklichen Beruf.» Sie betont, dass mehr Aufklärung nötig sei, um das Handwerk als attraktive Berufswahl sichtbar zu machen.
Lehrling, jetzt stv. Betriebsleiter
Ein positives Beispiel für eine gelungene Berufsbildung ist Mattia Tedeschi, stellvertretender Betriebsleiter für Schulanlagen, der selbst das 10. Schuljahr bei der Tempus-Schule besuchte: «Ich hatte mehr Zeit, um zu überlegen, welchen Beruf ich erlernen möchte.» Doch auch er beobachtet: «Ich sehe die hohen Ansprüche, und immer weniger Junge wollen handwerklich tätig sein.» Ueli Schlumpf, ehemaliger Inhaber der Zimmerei Diethelm, sieht diese Entwicklung kritisch. «Viele Junge wollen sich nicht mehr die Hände dreckig machen. Dabei braucht es gerade im Handwerk engagierte Fachkräfte.» Er hat fast 40 Lehrlinge ausgebildet und weiss, dass dies mit viel Aufwand verbunden ist.
Am Rande wurde auch die finanzielle Belastung für Unternehmen thematisiert. Während ein Studium an der Universität vergleichsweise günstig ist, kann eine berufliche Weiterbildung bis zu 20'000 Franken kosten. Trotzdem sei es falsch, beide Bildungswege gegeneinander auszuspielen. Die Berufslehre müsse aufgewertet werden, betont Hess und versichert den Gewerblern: «Bald wird es den Professional Bachelor und Master für Lernende geben – das wird helfen.»