Im Gemeinderating des Hilfswerks «Solidar Suisse» landet Küsnacht für sein globales Verantwortungsbewusstsein schweizweit auf dem zehnten Platz. Gemeindepräsident Markus Ernst weiss auch, wieso.
40 Punkte für soziales Engagement und 40,8 Punkte im Bereich Beschaffung. Das ergibt eine Gesamtpunktzahl von 80,8 von möglichen 100, die Küsnacht im «Solidar Suisse»-Gemeinderating erreicht hat. Damit ist die Goldküstengemeinde schweizweit auf dem zehnten und kantonal hinter der Stadt Zürich sogar auf dem zweiten Platz. Aber was bedeuten diese Zahlen und das Rating überhaupt?
Das Hilfswerk befragt alle zwei bis drei Jahre rund hundert grössere, Gemeinden in möglichst allen Landesteilen über eine Teilnahme am Rating. In einem Fragebogen werden zwei Bereiche analysiert: das entwicklungspolitische Engagement der Gemeinde und die soziale Nachhaltigkeit ihrer Beschaffungen. Daniel Dahinden, Abteilungsleiter Planung in der Gemeindeverwaltung, hat für Küsnacht die Informationen zusammengetragen und den Fragebogen ausgefüllt.
500 000 für In- und Auslandhilfe
Im Punkt Entwicklungszusammenarbeit wird vor allem darauf geschaut, wie viel Promille des Nettosteuerertrags in die In- und Auslandhilfe fliesst. Im Bereich Beschaffung wird speziell untersucht, ob die Gemeinde über Richtlinien für sozial nachhaltige Beschaffung verfügt. Beide Hauptkriterien werden mit je 50 Punkten gewichtet. Ab 76 Punkten gibt es die Bestnote von fünf Globen. Gemeindepräsident Markus Ernst (FDP) freut sich über das positive Ergebnis, sieht das Gemeinderating aber mehr als metaphorischen Spiegel an: «Wir arbeiten nicht spezifisch auf die einzelnen Punkte im Rating hin, aber es ist sicher sinnvoll, einen Massstab gesetzt zu bekommen, an dem man sich orientieren kann.»
Ohne Bewertungssystem wäre Küsnacht nicht weniger sozial, ist Ernst überzeugt. Bereits vor 30 Jahren hat sich die Gemeinde auf Wunsch der Bürger von seiner gemeinnützigen Seite gezeigt. So unterstützte sie eine tschechische Partnergemeinde beim Bau einer Kläranlage. Man wäge den Sinn eines Projekts jedoch stets ab. Heute steht das tschechische Dorf auf eigenen Beinen. Obwohl die Partnerschaft noch besteht, die Schwerpunkte in der Auslandhilfe liegen mittlerweile woanders. Unter anderem unterstützt Küsnacht den Verein Guatemala Zentralamerika, der Schulen in Guatemala baut. Andererseits bietet sie im Inland selbst finanzielle Unterstützung. Etwa bei der Patenschaft für Berggemeinden. Rund 500 000 Franken, das sind 3,3 Promille der Nettosteuereinnahmen, gingen an In- und Auslandhilfe.
Ausräumen von Klischees
Sämtliche Beschaffungen Küsnachts erfolgen unter dem Leitbild «ökonomisch, ökologisch, sozial, fair und professionell». Daher werde viel Wert darauf gelegt, dass die Wertschöpfungskette eingekaufter Güter innerhalb der Schweiz ist. Beispielsweise benütze Küsnacht für die Pflästerung des Dorfplatzes Guberstein, der in der Schweiz abgebaut wird. Dafür fällt dieser teurer aus als seine ausländischen Pendants. «Das ist es wert. Denn so wissen wir, dass die Produktion unter fairen Bedingungen stattgefunden hat», erklärt Markus Ernst.
Für ihn hat das Rating noch einen anderen Vorteil: das Ausräumen von Klischees. «Uns wird immer wieder vorgeworfen, es gehe uns in Küsnacht nur um tiefe Steuern. Aber das stimmt nicht. Küsnacht war schon immer stets bemüht, in Sachen Nachhaltigkeit ein Vorreiter zu sein», sagt Ernst. Er hoffe, dass sich die Voreingenommenheit gegenüber Küsnacht ändert. Zudem sei es ein Anliegen, dass die Gemeinde von den Bürgern als eine Art Vorbild wahrgenommen werde, jedoch ohne Zeigefinger: «Es geht nicht darum, der Bevölkerung etwas aufzudrücken.» Hingegen sei es gewollt, dass der eine oder andere aus Eigeninitiative ebenfalls motiviert sei, globale Verantwortung zu zeigen. (Dennis Baumann)
Das Gemeinderating von "Solidar Suisse"
«Der Schlüssel zu einem selbstbestimmten Weg aus der Armut sind menschenwürdige Arbeitsbedingungen und faire Löhne», heisst es auf der Website des Hilfswerks «Solidar Suisse». Unter diesem Motto kämpft es in über 15 Ländern gegen Ausbeutung. Zudem möchte «Solidar Suisse» auch innerhalb der Schweiz dafür sorgen, dass Zeichen gesetzt werden. Seit 2011 können sich Schweizer Gemeinden bewerten lassen. Das Rating dient als Ansporn.
«Solidar Suisse» ist eine 1936 gegründete Non-Profit-Organisation mit Hauptsitz in Zürich und wird von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit unterstützt. Das Hilfswerk beschäftigt 30 Mitarbeiter in der Schweiz und rund 150 in seinen Auslandbüros. «Solidar Suisse» finanziert sich durch die öffentliche Hand und private Spenden. (db.)